Über die Glaubwürdigkeit der Integrationspolitik in NRW
Die Neue Westfälische Zeitung berichtet am 26.4.2013, dass die muslimische Gemeinde in Paderborn jetzt doch nicht vorhat, eine islamische Bekenntnisgrundschule einzurichten. Konsequent wäre dieser Schritt durchaus gewesen: Schließlich sind ein Drittel aller Grundschulen in Nordrhein-Westfalen katholisch, etwa 38% aller Kinder im Grundschulalter sind katholisch getauft. Nach dieser Proportionalitäts-Logik, die nicht nur von Vertretern der katholischen Kirche immer wieder angeführt wird, könnten bis zu 450 Grundschulen in NRW als islamische Grundschulen eingerichtet werden, schließlich gelten ca. 15% der Schulkinder als muslimisch. Eher noch höher müsste die Anzahl der Weltanschauungsschulen sein, an denen es anders als an Konfessionsschulen und Gemeinschaftsgrundschulen keinen Religionsunterricht geben dürfte, da mittlerweile fast 16% der Kinder keiner Religion angehören. 0,1% aller Grundschulkinder sind laut Schulstatistik 2011/12 übrigens jüdisch, entsprechend gibt es immerhin 2 jüdische Bekenntnisschulen.
Trotzdem setzen sich die Muslime in Paderborn nicht für eigene Bekenntnisschulen ein. Sie sagen: „Wir wünschen, dass alle Kinder in öffentlichen Schulen gleichberechtigt sind und unabhängig von ihrer Religion wertgeschätzt und respektiert werden“. Und sie hoffen (vergeblich) auf eine pragmatische Lösung bezüglich der Aufnahme muslimischer Kinder an katholischen Bekenntnisschulen in Paderborn, ohne Zwang zu Religionsunterricht und Gottesdienstbesuch.
Tatsache ist aber: Eine solche Lösung ist vom Schulministerium unter Schulministerin Löhrmann offensichtlich nicht zu haben. Das Ministerium antwortete am 22.4.2013 auf eine Kleine Anfrage der Piraten, ob von Eltern verlangte Erklärungen, an Religionsunterricht und Gottesdiensten unabhängig vom Bekenntnis teilzunehmen, rechtlich zulässig seien, wie folgt:
Die in der Fragestellung genannten, für die Eltern verbindlichen Erklärungen sind rechtlich nicht zu beanstanden. Sie folgen dem Schulgesetz und der ständigen Rechtsprechung zur Aufnahme bekenntnisfremder Kinder in Bekenntnisschulen. In solchen Fällen müssen die Eltern bei der Anmeldung ihres Kindes ausdrücklich übereinstimmend wünschen, dass es nach den Grundsätzen des an der Schule vermittelten Bekenntnisses unterrichtet und erzogen werden soll.
Die Stadt Paderborn hat mittlerweile neue, einheitliche Fragebogen für alle Bekenntnisschulen erstellt, die bei der kommenden Anmeldung verwendet werden sollen. Darin müssen alle Eltern unterschreiben, dass sie wünschen, dass ihre Kinder am Religionsunterricht im Schulbekenntnis teilnehmen. Eltern bekenntnisfremde Schülerinnen und Schüler müssen darüber hinaus explizit erklären, dass sie im Fall der Aufnahme an der Schule auf Religionsunterricht im eigenen Bekenntnis verzichten (s. Anmeldebogen Grundschule Paderborn).
In Anbetracht dessen, dass in Paderborn 14 der 24 Grundschulen Bekenntnisschulen sind, kann man getrost sagen, dass es nicht katholischen Familien schwer gemacht wird, ihre vom Grundgesetz garantierte Religionsfreiheit wahrzunehmen. Es wäre nur konsequent, wenn sie sich im Sinne der Gleichberechtigung für die Einrichtung öffentlicher islamischer Grundschulen einsetzen würden. Natürlich passt das nicht zu den von einer breiten politischen Mehrheit beschworenen Integrationszielen. Aber solange die Praxis an Bekenntnisgrundschulen so ist wie sie ist, handelt es sich bei den hehren integrationspolitischen Zielen ohnehin nur um Lippenbekenntnisse.