Hintergründe zum Kampf der katholischen Kirche für die Bekenntnisschule, „ein Relikt aus dem frühen 20. Jahrhundert oder aus dem 19. Jahrhundert.“
„So kämpfte die katholische Kirche gegen die interkonfessionelle Ehe, die sogenannte Mischehe: Sie galt noch 1958 als „fürchterliches Übel“, vor dem zu warnen Bischöfe und Priester in Hirtenbriefen und Gemeindepostillen nicht müde wurden.
Daneben war vor allem die Bekenntnisschule, die konfessionshomogene Grund- und Volksschule, das zentrale politische Kampfobjekt der katholischen Kirche. Der Potsdamer Historiker Klaus Große Kracht:
„Es ist eben interessant, dass es aus dem Vatikan direkt nach 1945 Signale gegeben hat an die Deutsche Bischofskonferenz, dass der Beibehalt der Konfessionsschule ‚einen Kampf wert‘ sei, so die tatsächliche Formulierung, die in Bischofskreisen dann zirkulierte. In der britischen Besatzungszone war es so, dass die Besatzungsbehörden den Eltern durchaus eine Möglichkeit geben wollten, darüber abzustimmen, welches Schulsystem sie denn bevorzugen würden.
Und auf Grund einer massiven öffentlichen Kampagne der katholischen Kirche hat sich tatsächlich die katholische Elternmehrheit für den Beibehalt der Konfessionsschule entschieden und damit einen Prozess in Gang gesetzt, der bis zur Verabschiedung der nordrhein-westfälischen Verfassung und des nordrhein-westfälischen Schulgesetzes dann dafür gesorgt hat, dass tatsächlich Konfessionsschule, also eigentlich ein Relikt aus dem frühen 20. Jahrhundert oder aus dem 19. Jahrhundert, sogar wieder restauriert wurde nach 1945.“
Als 1954 die niedersächsische SPD-Landesregierung die Bekenntnisschule abschaffte und die überkonfessionelle Gemeinschaftsschule zur Regelschule erklärte, rief die katholische Kirche Eltern und Schüler zu einem Warnstreik auf, dem mehr als 10.000 Schülerinnen und Schüler folgten. Die Bundesregierung zog 1955 sogar vor das Bundesverfassungsgericht, um in Einklang mit der katholischen Kirche gegen das niedersächsische Schulgesetz vorzugehen – und scheiterte 1957.“
Deutschlandradio, 13.8.2008, Sylvia Conradt, Mischehe, Konfessionsschule, Christentum und Sozialismus