An zahlreichen Grundschulen in Nordrhein-Westfalen ist die Position des Schulleiters nicht besetzt. Ein Lehrerberater formuliert es drastisch: „Keiner will mehr Schulleiterin oder Schulleiter werden.“ So ganz stimmt das nicht. Es gibt immer noch Lehrerinnen und Lehrer, die mit großem Engagement auch Leitungspositionen übernehmen wollen. Nur leider gewährt man ihnen an vielen Schulen dieses Recht nicht – aus Gründen, die im 21. Jahrhundert für die wenigsten Staatsbürger einleuchtend sind.
Die Piraten NRW haben im September 2012 eine Kleine Anfrage zum Thema gestellt. Unter anderem haben sie nach offenen Stellen an öffentlichen Bekenntnisschulen gefragt (wir berichteten). In einer der 5 Fragen wurde explizit gefordert, die offenen Positionen auch nach der Schulart (katholisch, evangelisch oder Gemeinschaftsgrundschule) aufzuschlüsseln. Die Antwort war allerdings unvollständig, dieser Teil der Frage wurde vom Ministerium einfach nicht beantwortet.
Nur etwas mehr als die Hälfte (59%) der derzeit offenen Leitungsstellen an Grundschulen stehen nichtkatholischen Lehrkräften offen. Man muss genau hinsehen, um in der Suchmaschine für Leitungsstellen an Schulen in NRW (STELLA) diese Einschränkung zu entdecken. In der Spalte „Besondere Hinweise“ steht dort kryptisch: „§26 Abs 6 Schulgesetz“. Man muss also im Schulgesetz nachsehen, um festzustellen, dass nur Mitglieder der katholischen Kirche auch Rektorin oder Rektor an katholischen Grundschulen sein dürfen: „Lehrerinnen und Lehrer an Bekenntnisschulen müssen dem betreffenden Bekenntnis angehören und bereit sein, an diesen Schulen zu unterrichten und zu erziehen.“
Am 13. Februar 2013 sind auf dem Portal genau 128 Rektorenstellen ausgeschrieben: 71 davon an Gemeinschaftsgrundschulen, 53 an katholischen und 4 an evangelischen Grundschulen. Diese Verteilung scheint auf den ersten Blick ungefähr der Verteilung der Schularten zu entsprechen. Eine genauere Prüfung zeigt allerdings, dass an katholischen Grundschulen weitaus mehr Stellen unbesetzt sind, als es ihrem Anteil an der Schullandschaft entspricht. Mit anderen Worten: An katholischen Grundschulen gibt es einen unverhältnismäßig größeren Schulleitermangel als an anderen Grundschularten.
Es gehört wenig Phantasie dazu, diesen Missstand wie Renate Hendricks (SPD) darauf zurückzuführen, dass Schulleiter/innen an katholischen Grundschulen dem Bekenntnis angehören und den Anforderungen der katholischen Morallehre entsprechen müssen: Wiederverheiratete oder gleichgeschlechtlich veranlagte Lehrer/innen kommen für eine Position als Rektorin oder Konrektor nicht in Frage. Dies gilt, obwohl die Schulen nicht von der Kirche getragen werden, sondern von der jeweiligen Kommune. Alle Lehrkräfte sind staatliche Angestellte, alle Kosten der Schule werden zu hundert Prozent aus allgemeinen Steuermitteln bezahlt. Anders als im Fall vieler konfessioneller Kindergärten sind auch die Gebäude städtisch.
Da die Bekenntnisschulen aber in der Landesverfassung verankert sind, ist die Diskriminierung gesetzlich abgesichert – und die beiden Kirchen wie auch die Politik lassen nicht erkennen, dass sie der Misere bald abhelfen wollen.