Dechant Picken: Rede vom Godesberger Kulturkampf auf dem Deutschen Juristentag 2010

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Im Fachprogramm Öffentliches Recht des 68. Deutschen Juristentages hielt der Bad Godesberger Dechant und promovierte Politikwissenschaftler Dr. Wolfgang Picken ein Kurzreferat. Darin fordert er eine „Gesetzgebung zur Vergesellschaftung des Staates“ und kritisiert die „populistische Forderung nach einer Trennung von Kirche und Staat“. Er sieht Diskriminierungstendenzen gegenüber den Kirchen. Explizit und ausführlich nimmt er in seiner Rede bezug auf die Debatte um Öffentliche Bekenntnisschulen und begründet die Ablehnung bekenntnisfremder Kinder: Die Kirchen müssen ihre eigene Klientel im Blick haben, so Picken, „beispielsweise durch eine Bevorzugung ihrer Mitglieder bei den Aufnahmekriterien für ihre Bildungseineinrichtungen. Das geschieht jedoch nicht primär (sic!) um auszugrenzen, sondern um das spezifische Profil der Einrichtungen aufrecht erhalten und sie für die Stabilisierung des eigenen Subsystems nutzen zu können.“

Explizit fühlt Picken sich und die katholische Kirche übrigens durch die Aktivitäten der Initiative „Kurze Beine – kurze Wege“ diskriminiert und an Kulturkampfzeiten erinnert. Auf dem Juristentag erzählte er den anwesenden Juristen:

Mit Blick auf die Identitätsbildung und -sicherung gesellschaftlicher Subsysteme sind auch die Konfessionsschulen von Bedeutung. Konfessionelle Bindung kann als Teil der kindlichen Bildung und als prägender Aspekt des Sozialverhaltens erlebt werden. In Nordrheinwestfalen gibt es die staatliche Konfessions-Grundschule. Sie ist unter anderem auch aus diesem Grund Verfassungsbestandteil geworden. In der Praxis wurde ihr Profil immer stärker dadurch aufgeweicht, dass die Schulbezirksgrenzen maßgeblich für die Aufnahme der Kinder waren. Das konfessionelle Merkmal trat so vielerorts durch die Zusammensetzung von Schülern und Eltern in den Hintergrund. Nach der Aufhebung der Schulgrenzen durch die christlich-liberale Koalition rückte an den staatlichen Konfessionsschulen nun wieder automatisch die Konfession an die erste Stelle der Aufnahmekriterien. Der Gesetzgeber hatte mit seiner Initiative die freie Schulwahl sicherstellen wollen und vermutlich diese Wirkung nicht bedacht.

In meinem Rheinviertel in Bad Godesberg, dem kinderreichsten Viertel NRW’s, in dem die beiden Konfessionsschulen in besonders gutem Ruf stehen, führte das zu Tumulten und beinahe an Kulturkampfzeiten erinnernde Szenarien. Mit der Überschrift „Glaubenskrieg am Rhein“ fand es sogar bei Spiegel-online Erwähnung. Kritiker forderten, das Kriterium „Kurze Beine – kurze Wege!“ müsse für die Aufnahme der Kinder entscheidend sein. Eine Grundschule mit mehrheitlich oder gar ausschließlich einer Konfession zugehörigen Schülern wurde zum Inbegriff der Intoleranz und zur Brutstätte religiöser und sozialer Konflikte hochstilisiert. Solche pauschalen Gleichsetzungen, die zweifelsohne diskriminierend sind, gelten gegenwärtig als wirkungsvolle Instrumente in der politischen Durchsetzung individueller Interessen. Verdächtigungen gegen die Kirchen finden schnell Koalitionäre.
Zum gesamten Vortrag (Exkurs zu Bekenntnisschulen ab S. 5)

Wir bitten unsere Leser, Pickens Wortwahl mit unserer Petition (http://www.kurzebeinekurzewege.de/docs/PetitionKurzeBeineKurzeWege.pdf) zu vergleichen, um sich dazu selber eine Meinung zu bilden. Der von Picken erwähnte Spiegel-Online Artikel hatte den Titel „Andersgläubige müssen draußen bleiben„.

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