Atheistische Richard-Dawkins-Bekenntnisschule in den Startlöchern

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Bonn, 1. April 2014

Neben den bestehenden 879 katholischen, 94 evangelischen und 2 jüdischen Bekenntnisgrundschulen soll zum Schuljahr 2015/16 erstmals eine staatliche atheistische Grundschule (AGS) den regulären Schulbetrieb aufnehmen. Wie die Giordano-Bruno-Stiftung und der Koordinierungsrat säkularer Organisationen mitteilten, haben das Land NRW und die Stadt Düsseldorf als Träger der neuen Einrichtung grünes Licht für die „Richard-Dawkins-Grundschule“ gegeben, die wie die anderen Bekenntnisschulen im Bundesland zu hundert Prozent aus allgemeinen Steuermitteln finanziert wird. Bis 2020 sollen weitere 12 solcher Schulen folgen.

„Es war kein Problem, Lehrkräfte für die erste Schule dieser Art zu finden“, so Rainer Ponitka vom Internationalen Bund der Konfessionslosen und Atheisten, der die Schulgründung intensiv begleitete. Ponitka erläutert: „Voraussetzung ist lediglich, dass alle Lehrerinnen und Lehrer während ihrer Lehrtätigkeit an der Schule keiner Kirche oder Religionsgemeinschaft angehören. Ob sie ihre Religionslosigkeit auch leben, überprüfen wir nicht, sie müssen auch kein Nichtglaubensbekenntnis ablegen. Wir gehen davon aus, dass sich die ein oder andere Lehrkraft beworben hat, die privat auch als Taufpate fungiert oder an Weihnachten in die Kirche geht. Damit haben wir aber kein Problem, solange sie damit vor den Kindern diskret umgehen. Das Interesse von Seiten der Lehrkräfte ist auf jeden Fall schon jetzt riesig.“ Im Religionsunterricht dieser Schulart wird Evolution und Skeptizismus gelehrt. Eine Abmeldung von diesem Fach ist nicht vorgesehen, da es sich formal um eine Bekenntnisschule handelt und entsprechend die gleichen Regeln gelten wie an den anderen Bekenntnisschulen auch. Statt eines 14-tägigen Gottesdienstbesuchs stehen regelmäßige Besuche des Düsseldorfer Zoos im Schulprogramm.

Die Lehrbefugnis in dem neuen Fach wird nach Abstimmung mit dem Schulministerium des Landes im Rahmen eines Wochenendseminars mit einer abschließenden Prüfung zu wichtigen Werken von Darwin, Dawkins, Harris und Hitchens erteilt. Michael Schmidt-Salomon, gerne als „Papst des deutschen Atheismus“ tituliert, will unbedingt im Prüfungsausschuss vertreten sein. Er erläutert: „Die Grundbegriffe des Atheismus sollten die Lehrkräfte, die die Lehrerlaubnis in unserem Atheismusunterricht erhalten wollen, auf jeden Fall beherrschen. Wir sind insofern sehr liberal, als wir viele Wege zulassen, die Nichtexistenz Gottes zu beweisen.“

Eine Aufnahme von Kindern aus religiös orientierten Familien soll unter der Voraussetzung möglich sein, dass die Eltern sich ausdrücklich mit einer religionsfreien Unterrichtung und Erziehung einverstanden erklären. „Ob das aber zu Hause auch gelebt wird, überprüfen wir nicht“, so Jacques Tilly, bekannt als Gestalter der Düsseldorfer Karnevalswagen. „Meist ist das ja ohnehin eine Fassade, Viele sind nur zu faul, auszutreten. An unserer Schule werden die Kinder auf jeden Fall lernen, welche Rechte sie haben, sobald sie religionsmündig sind, und wie das mit dem Austritt geht.“

Laut Ponitka fiel die Entscheidung für diesen ungewöhnlichen Schritt nicht leicht: „Wir haben intern lange diskutiert, ob wir diesen Weg gehen sollen, da wir die Institution der staatlichen Bekenntnisschule bisher immer abgelehnt haben. Aber solange es sie gibt, wollen wir auch freidenkerischen Eltern eine Alternative bieten. Außerdem stört es uns einfach, dass viele Lehrerinnen und Lehrer aus Angst um ihren Job nicht zu ihrer Religionslosigkeit stehen.“ Die weitgehend reibungslosen Diskussionen mit dem Schulministerium und der Stadt Düsseldorf erklärt er sich mit dem Rücktritt Kardinal Meisners als Kölner Erzbischof.

Die CDU-Fraktion im Landtag ließ erklären, dass man den Schritt als Bestätigung im Bestreben sehe, Eltern im Bildungsbereich keine Monokultur zu bieten. Kardinal Meisner meldete sich aus dem Ruhestand und erklärte, dass ihm jedes Kind an einer katholischen Schule zehn mal so viel wert sei wie jedes atheistische Kind. Dennoch werde er auch diese in sein Gebet einschließen. Schulministerin Löhrmann war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Einen kleinen Wermutstropfen sieht die Giordano-Bruno-Stiftung darin, dass zeitgleich in Mönchengladbach und Paderborn je eine islamische Bekenntnisschule starten soll. Man sei aber zuversichtlich, dass es unter der nach wie vor geltenden Bedingung eines konfessionell homogenen Lehrkörpers anders als an den atheistischen Schulen auf absehbare Zeit nicht genug muslimische Lehrkräfte geben werde, damit weitere Schulen den Lehrbetrieb aufnehmen könnten.

10 Gedanken zu „Atheistische Richard-Dawkins-Bekenntnisschule in den Startlöchern

  1. Schade nur, dass zur Vermittlung biologischer Sachverhalte regelmäßige Zoobesuche anstehen sollen. Das ist ideologisch keineswegs fortschrittlich und weltgewandt. Gute Tier Dokus wären da schon weniger verwerflich…

  2. Diese Nachricht ist zu schön um wahr zu sein, und als logisch denkender „Skeptiker“ bin ich geneigt, dies als Aprilscherz anzusehen. Leider.

  3. Blöd nur, das die Kinder ausgerechnet in den Düsseldorfer Zoo sollen… 😉

    Aber warum schließen wir uns nicht zusammen, um tatsächlich so eine Schule ins Leben zu rufen?
    Was den Religioten Recht ist, kann uns doch nur billig sein oder?

    Außerdem möchte ich Richard Dawkins live sehen und hören, wenn er die Eröffnungsrede hält!

  4. Lieber Herr Wege,

    ich empfinde den Begriff „Religiot“ als beleidigend für einen (immer noch) ziemlich großen Teil der Bevölkerung. Religionsfreiheit ist ein Grundrecht, auch im Sinne der Freiheit, an etwas zu glauben, das Sie aus Vernunftgründen für absurd halten. Viele aus der Initiative „Kurze Beine – kurze Wege“ sind übrigens selbst aktive Kirchenmitglieder, andere sind das, was Sie vielleicht Kulturchristen nennen könnten, wieder andere haben nichts mit Religion am Hut oder sind praktizierend muslimisch oder nicht praktizierend alevitisch. Ich bin voll auf Ihrer Seite, dass Glaubensgemeinschaften und ihre Anhänger sich nicht unter Berufung auf Grundsätze neben die Menschenrechte und die „freiheitlich demokratische Grundordnung“ stellen dürfen.

    Zu Ihrem Vorschlag, eine staatliche atheistische Schule ins Leben zu rufen: Tatsächlich erlaubt die Landesverfassung die Einrichtung staatlicher weltanschaulicher Schulen. Wir sind als Initiative der festen Überzeugung, dass Kinder unabhängig von ihrer Religion gemeinsam unterrichtet werden sollten. Wenn wir anfangen, unsere Identität primär über unsere Religionszugehörigkeit oder auch unseren „Nichtglauben“ zu definieren und öffentlichen Einrichtungen erlauben, nach diesem Prinzip zu diskriminieren, wird das mit dem friedlichen Zusammenleben in unserem Staatswesen nichts. Das Diskriminierungsverbot muss an allen öffentlichen Einrichtungen Gültigkeit haben. Vom Staat getragene Schulen, Bibliotheken, Museen, Tierparks etc. sollten nicht atheistisch oder evangelisch oder katholisch oder islamisch oder jüdisch sein. Staat und Kirche sind mit gutem Grund getrennt. Und es darf auch nicht sein, dass staatliche Schulen schwer zu erreichen sind oder schlechter ausgestattet sind als Privatschulen (egal in welcher Trägerschaft) oder Schüler/innen dort deutlich schlechtere Bildungschancen haben.

    Mit den besten Grüßen
    Max Ehlers

  5. Als ich diesen Artikel gestern gelesen habe, war mir das Datum entfallen. Ich las ihn also und war entsetzt: Wie kann sich eine säkulare Organisation für ein Schulkonzept einsetzen, das Menschen in gleicher Form diskriminiert, wie es religiöse Bekenntnisschulen tun. Warum wird das Schulkonzept auf die Weltanschauung reduziert: Ist es nicht so, dass Menschen mehr als Christen/Muslime/Juden/Hinduisten/Atheisten sind? Warum möchte man in säkularen Kreisen die Weltanschauung als Mittel zur Separierung nutzen.
    Naja, irgendwann ist mir dann zum Glück doch noch das Datum eingefallen …

    Nun lese ich hier von zwei Kommentatoren, dass sie es bedauern, dass es eine solche Schule nicht gibt oder dass man doch die tatsächliche Gründung solch einer Schule vorantreiben sollte.
    Ich möchte alle, die solche Gedanken teilen auffordern nochmal gründlich nachzudenken und dann zu entscheiden, ob wir wirklich solch eine Schule haben wollen würden.

    Allerdings wäre es zumindest eine Überlegung wert, ob man Nicht-Bekenntnisschulen nicht grundsätzlich als Erkenntnisschulen bezeichnen sollte. Das würde doch vielleicht ein bisschen den Irrsinn der Bekenntnisschulen deutlich machen.

  6. @Thomas:

    „[…] ob man Nicht-Bekenntnisschulen nicht grundsätzlich als Erkenntnisschulen bezeichnen sollte.“

    Ja, erstklassig! Danke für die Anregung. Ich werd’s ab jetzt tun. :o)

  7. Jeder hat dasRecht zu glauben, oder nicht. Dass den Kindern die Möglichkeit genommen wird auch etwas über den christlichen Glauben zu erfahren, finde ich schade. Eine Schule dieser Art in einem Land welches durch christliche Werte geprägt ist, oder zumindest sein sollte, finde ich als Christ sehr kritisch. Damit gibt man dem zunehmenden Unglauben weiter Nahrung. Ich kenne Richard Dawkins als den Atheisteführer in der Welt. Er bringt gläubige Menschen mit polemischen und religionsfeindlichen Äußerungen stetig in Misskredit. Er beleidigt in seinem „Der Gotteswahn“ den Gott der Bibel u.A. als Schwulenhasser und Sadist. Die Liebe Gottes zum Menschen lässt er aber außer acht. Als Biologe wagt er sich dabei auf dünnes Eis. Aber um den Atheismus in der Welt zu fördern ist ihm jedes verbale Mittel recht. Eine Schule nach ihm zu benennen, halte ich demnach für sehr kritisch.

  8. Leider nur ein Aprilsscherz.
    Im Katholenland NRW wird es noch 100 Jahre dauern bis die Talare mitsamt dem Muff darunter von den Kinderseelen weggehalten werden. Schrecklich.
    Gut dass ich in einem Land lebe wo nicht nur auf dem Papier „Kirche“ von Staat/Schule getrennt ist.

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