Katholiken wollen auf katholische Schule

Share

Ärger in Düsseldorf. „Absurd“ findet der Redakteur der Rheinischen Post Jörg Janßen „die Tatsache, dass katholische Düsseldorfer Kinder an einer das katholische Bekenntnis (mit-) vermittelnden katholischen Grundschule nicht mehr vorrangig aufgenommen werden“.

Wir finden es schwer erträglich, wenn Kinder aus religiösen Gründen an der nächstgelegenen öffentlichen Grundschule abgelehnt oder Lehrkräfte dort benachteiligt werden.

Von vorne: In diesem konkreten Fall in Düsseldorf beschwert sich eine Familie auf den ersten Blick durchaus nachvollziehbar darüber, dass sie den ihr bereits zugesagten Platz an einer begehrten Schule doch nicht bekommen soll. Im kommenden Schuljahr sollen zwei Eingangsklassen gebildet werden, für die 54 Plätze gibt es 90 Anmeldungen. Nicht einmal 40 davon stammen von katholisch getauften Kindern. Bis vor kurzem wurden die Schulleiter/innen katholischer Bekenntnisschulen von Ministerium, Bezirksregierung und Schulverwaltung offenbar im Glauben gelassen, dass die Religionszugehörigkeit von Kindern das wichtigste Kriterium bei der Aufnahme sei. Erst am 5. November 2013 erklärte eine „Schulmail“ aus dem Ministerium, dass auch die Kinder anders- oder nichtgläubiger Eltern, die sich mit der Erziehung und Unterrichtung im Bekenntnis der Schule einverstanden erklären, gleichberechtigt zu behandeln seien. Demnach sind Kriterien wie Geschwisterkinder, Schulweg und Kindergarten in der Nähe der Schule als entscheidende Kriterien zu berücksichtigen (s. Ausbildungsordnung Grundschule).

Neu ist das alles nicht. Schon 2010 hatte uns das Ministerium genau diesen Sachverhalt in Reaktion auf eine Petition der Initiative „Kurze Beine – kurze Wege“ so dargestellt. Wir wundern uns, dass die Schulen nicht schon lange nach diesen Regeln verfahren. Warum aber kam diese Schulmail unmittelbar zu Beginn der Anmeldungsphase an den Grundschulen? Die Antwort gibt das Schreiben selbst: „Die Landesregierung hat ebenso wie die katholischen (Erz-) Bistümer und die evangelischen Landeskirchen den Wunsch, dass die Aufnahme bekenntnisfremder Kinder in Bekenntnisgrundschulen nicht von Konflikten begleitet oder Gegenstand verwaltungsgerichtlicher Verfahren sein soll.“ Im Klartext: Die Regierung ging davon aus, dass eine Ablehnung aufgrund der Konfession vor Gericht keinen Bestand haben würde.

Pech für den Düsseldorfer Vater, der sein Kind gerne jeden Tag 2,7 Kilometer durch die Stadt fahren wollte. Das Argument, dass ihm die katholische Erziehung auf genau dieser Bekenntnisschule so am Herzen lag, wird von Leserbriefschreiber „diogenes“ so kommentiert:

Wenn religiöse Gründe für ihn eine Rolle spielen, wird es ihn freuen, zu hören, dass es eine katholische Grundschule in Gerresheim gibt – gar kein Grund also, einem so kleinen Kind einen so weiten Schulweg zuzumuten. Es sei denn den Herrn Rechtsanwalt treiben in Wirklichkeit andere Gründe um, wie der vergleichsweise nicht ganz so gute Ruf seiner wohnortnahen Bekenntnisschule.

Übrigens: Gerade einmal 41% der Schülerinnen und Schüler an katholischen Bekenntnisgrundschulen in Düsseldorf sind katholisch, an den evangelischen Bekenntnisgrundschulen sind es gar nur 28%. In Bonn ist es ähnlich: Hier gehören nur an zwei von 20 Bekenntnisgrundschulen mehr als die Hälfte der Kinder dem Schulbekenntnis an.

Was der Landtag NRW zu Bülent sagt

Share

Neues aus Paderborn und aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

27.11.2013

Seit Bülent am Einschulungstag des Schulhofs verwiesen wurde, hat sich die Situation an der Paderborner Bonifatiusschule verschärft: Die Schule zwingt nun ALLE Kinder ungeachtet ihrer Religionszugehörigkeit, den katholischen Religionsunterricht zu besuchen – auch jene, die bislang davon befreit waren, nachdem deren Eltern in den Vorjahren entsprechende Abmeldeformulare unterschrieben hatten. Wir erinnern uns, es handelt sich um eine öffentliche katholische Grundschule, an der nur 45% der Kinder katholisch sind. Offenen Widerstand von Seiten der betroffenen Eltern gibt es nicht. Sie haben Angst, dass ihre Kinder andernfalls den Platz an der Schule verlieren. Die Angst ist begründet, schließlich erklärte das Schulministerium in einem Runderlass vom 5.11.2013 unmissverständlich: „Erklären die Eltern bei der Anmeldung, ihr Kind solle am Religionsunterricht im fremden Bekenntnis nicht teilnehmen, ist die Aufnahme in die Schule nicht möglich.“ In den vergangenen Jahren gab es mehrfach Versuche, Kinder in ähnlichen Fällen der Schule zu verweisen, auch wenn sie diese bereits seit Jahren besuchten (siehe zum Beispiel die Fälle von Fabian oder Zeynep).

Einige Eltern begannen derweil den Versuch, ihre Schule in eine Gemeinschaftsgrundschule umzuwandeln. Dieses Recht wird ihnen vom Schulgesetz ausdrücklich zugesichert. Die daran beteiligten muslimischen Mütter wurden nach uns vorliegenden Berichten von anderen Eltern jedoch angefeindet und ließen daher von ihrem Vorhaben ab.

Während sich also in Paderborn die Lage auf der Ebene einzelner öffentlicher Bekenntnisgrundschulen verschlechtert hat, wurde das Thema am 20. Oktober im Schulausschuss des Landtags von Nordrhein-Westfalen behandelt. Schulministerin Löhrmann wies dabei auf die oben bereits erwähnte Schulmail hin, deren Grundsätze gemeinsam mit den Kirchen erarbeitet worden seien.

Im Anschluss berichteten Abgeordnete von SPD und Grünen, sie seien mit Kirchenvertretern im Gespräch zum Thema. Sie berichteten, dass die Kirchen in diesen Gesprächen selbst einräumten, dass es Handlungsbedarf im Sinne einer Neuregelung gebe. Die Kirchen wollten bis Februar 2014 eine gemeinsame Stellungnahme erarbeiten. Wenn diese vorliege, solle es durch die Fraktionen eine Gesetzesinitiative geben.

Eine Streichung der Bekenntnisschulen aus der Landesverfassung ist momentan nicht abzusehen: Sowohl Armin Laschet (CDU) als auch Christian Lindner (FDP) schrieben uns als Vorsitzende ihrer Parteien, dass sie eine Abschaffung öffentlicher Bekenntnisschulen ablehnen. Der CDU-Landesvorsitzende zitiert dazu aus einem CDU-Beschluss von 2011: „Die bestehenden Bekenntnisschulen erfahren insbesondere auch bei bekenntnisfremden Eltern große Akzeptanz.“ Diese Aussage erscheint allerdings angesichts der Situation in Paderborn weltfremd. Interessant ist die Reaktion der Spitzen von SPD und Grünen: Kraft und Löhrmann ließen den an sie gerichteten Brief der Initiative „Kurze Beine – kurze Wege“ kurzerhand durch den für Staatskirchenrecht zuständigen Ministerialrat beantworten. Dieser belehrte uns: Unsere Forderungen seien mit den durch Landesverfassung und Schulgesetz bestimmten Merkmalen von Bekenntnisschulen nicht vereinbar. Richtig. Genau darum hatten wir den Parteivorsitzenden auch geschrieben, wir wollen, dass sich die Parteien und unsere Volksvertreter für eine Änderung der diskriminierenden Gesetze einsetzen.

Wir hatten geschrieben:

Wir appellieren dringend an Sie und alle demokratischen Kräfte im Landtag, sicherzustellen, dass ein Fall wie jener in Paderborn nicht mehr vorkommen kann. Es muss gewährleistet sein, dass Familien ihre Kinder gemeinsam mit anderen Kindern aus der unmittelbaren Nachbarschaft in die gleiche Grundschule schicken können. Unser öffentliches Schulsystem muss konfessionelle und religiöse Grenzen überwinden. Es widerspricht dem Inklusionsgedanken, wenn an öffentlichen Schulen das gemeinsame Lernen an Konfessionsgrenzen Halt macht. Ebenso muss sichergestellt sein, dass Glaube und Religionszugehörigkeit von Lehrkräften keinen Einfluss auf deren Anstellungschancen und die Wahrnehmung von Leitungspositionen haben.

Wir wiederholen an dieser Stelle unsere Bitte, die Familie von Bülent bei den Prozesskosten von bislang knapp 2.000€ zu unterstützen. 500€ konnten bereits gesammelt werden. Jede Spende hilft, auch 5 oder 10 Euro! Näheres unter www.betterplace.org/de/projects/14662-prozesskostenunterstutzung-fur-bulents-familie
Gerade läuft übrigens die Haupverhandlung an, wir werden hier über den Fortgang berichten.

Schulministerium stellt klar: Bekenntnisgrundschulen müssen alle Kinder unabhängig von ihrer Religionszugehörigkeit aufnehmen

Share

Der nachfolgende Artikel ist durch einen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts 2016 überholt.

Ein Runderlass des Schulministeriums vom 5. November 2013 erklärt unmissverständlich: Bekenntniskinder dürfen bei der Aufnahme an öffentlichen Bekenntnisschulen nicht vorgezogen werden – sofern die Eltern anderer Kinder erklären, dass sie eine Unterrichtung und Erziehung „nach den Grundsätzen des an der Schule vermittelten Bekenntnisses“ wünschen. Der Erlass stellt außerdem klar, dass bekenntnisfremde Kinder nicht zum Gottesdienstbesuch gezwungen werden dürfen.

Zum Hintergrund:
Ein Drittel aller Grundschulen in Nordrhein-Westfalen sind evangelische oder katholische Bekenntnisschulen. An diesen Schulen müssen alle Lehrkräfte dem Bekenntnis angehören. Eigentlich sollen auch die Schülerinnen und Schüler entsprechend getauft sein. Es handelt sich aber nicht um Privatschulen bzw. Ersatzschulen. Diese werden zumindest teilweise von den Eltern und Religionsgemeinschaften finanziert. Vielmehr geht es hier um öffentliche Schulen in kommunaler Trägerschaft, die vollständig aus öffentlichen Mitteln und damit von allen Steuerzahlern finanziert werden.

Zahlreiche Eltern haben in den vergangenen Tagen und Wochen ihr Kind auf der nächstgelegenen Bekenntnisgrundschule angemeldet. Von mehreren Eltern haben wir gehört, dass ihren nicht im Schulbekennntnis getauften Kindern von den Schulleitern im Anmeldegespräch keine Chance auf einen Platz eingeräumt wurde, da im Schulbekenntnis getaufte Kinder unabhängig von den in der Ausbildungsordnung Grundschule festgelegten Kriterien vorrangig aufzunehmen seien. Im Klartext: Das Kriterium Bekenntnis ist an einem Drittel aller öffentlichen Grundschulen wichtiger als Kriterien wie: Hat das Kind Geschwister an der gleichen Schule, wie ist der Schulweg, wohin gehen die Kindergartenfreunde etc. So ergab sich in den letzten Jahren vielfach die Situation, dass selbst Geschwisterkinder an begehrten Konfessionsschulen befürchten mussten, keinen Platz zu bekommen. An diesem Punkt ist also die Klarstellung des Ministeriums zu begrüßen. Der Erlass macht deutlich: Die Verwaltungsanordnung VVzAO-GS Nr. 1.23 Satz 4 ist ungültig. Sie besagt: „Bei einem Anmeldeüberhang an einer Bekenntnisschule haben Kinder, die dem Bekenntnis angehören, bei der Aufnahme einen Vorrang gegenüber den anderen Kindern.“ Dies hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf übrigens schon 2008 festgestellt, trotzdem mussten sich Schulleiter bis zum Runderlass des Ministerium vom November 2013 nach dieser Verwaltungsanordnung richten.

Es bleiben aber zahlreiche Unstimmigkeiten, Unklarheiten und Widersprüche: Muss die Willenserklärung schriftlich sein oder nicht? Führt eine Abmeldung vom Religionsunterricht zwingend zum Verweis von der Schule oder doch nicht? Wie viel Druck wird auf Kinder ausgeübt, am Gottesdienst teilzunehmen? Warum wird nicht die offensichtlich problematische und unklare Verwaltungsvorschrift geändert, sondern durch einen Erlass in Frage gestellt?

Vor allem aber: Wie glaubwürdig ist es, wenn Eltern bekenntnisloser, evangelischer oder muslimischer Kinder „die ausdrückliche Erklärung abgeben, dass sie ihr bekenntnisfremdes Kind wegen des Bekenntnischarakters der gewünschten Schule dort erziehen und unterrichten lassen wollen“, wie es der Erlass verlangt?

In einer Broschüre der katholischen Kirche wird diese Anforderung konkretisiert: „Es geht nicht nur darum, ob die Willenserklärung formell richtig ist, sondern ob die Eltern die Schule aus religiöser Überzeugung wählen.“ Warum aber sind die Kirchen nicht voller, wenn so viele Familien die Unterrichtung an Bekenntnisschulen so ausdrücklich wünschen? Tatsache ist, dass an 54 der 96 evangelischen Schulen weniger als die Hälfte der Kinder dem evangelischen Bekenntnis angehören, gleiches gilt für ein Viertel der 916 katholischen Grundschulen.

Und nicht zuletzt: Der Erlass ändert nichts daran, dass faktisch Grundrechte eingeschränkt werden. Der Familie des muslimischen Bülent ist damit eben so wenig geholfen wie der des ungetauften Fabian und vielen anderen, die ihr Recht auf Religionsfreiheit an öffentlichen Einrichtungen verstehen als Recht auf Freiheit von einer Religion, zumal wenn sie ihr nicht angehören. Durch die für eine Aufnahme erforderliche Erklärung verwirken Eltern das Recht auf Abmeldung ihrer Kinder vom Religionsunterricht, obwohl dieses grundgesetzlich garantiert ist. Und evangelische Kinder an einer katholischen Schule (und umgekehrt) verwirken das Recht auf Religionsunterricht im eigenen Bekenntnis, obwohl das Schulgesetz dieses Recht ausdrücklich auch an Bekenntnisschulen gewährt.

Das Ministerium brauchte offenbar eine Argumentationshilfe für Schulleiter. Der Erlass gibt ihnen die Möglichkeit, in den Fällen, bei denen eine Klage droht, Ausnahmen zu machen. Das bisherige Verfahren, erst alle nicht passenden Kinder abzulehnen, um bei hartnäckigen Eltern scheinbar großzügig eine Ausnahme zu machen, bleibt weiterhin bestehen.


DER ERLASS AUS DEM SCHULMINISTERIUM
s. hier

Datum: 05.11.2013 11:48
Betreff: msw13110501 – Aufnahme bekenntnisf remder Kinder in
Bekenntnisgrundschulen

>>>>>>>>>> Beginn der Schulmail des MSW NRW >>>>>>>>>

An alle öffentlichen Grundschulen
(Gemeinschaftsgrundschulen und Bekenntnisgrundschulen)

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Landesregierung hat ebenso wie die katholischen (Erz-) Bistümer und die evangelischen Landeskirchen den Wunsch, dass die Aufnahme bekenntnisfremder Kinder in Bekenntnisgrundschulen nicht von Konflikten begleitet oder Gegenstand verwaltungsgerichtlicher Verfahren sein soll. Alle Beteiligten sind sich deshalb darüber einig, dass hierfür im Rahmen der derzeit geltenden gesetzlichen Vorgaben die nachfolgenden Grundsätze gelten sollen.

1. Aufnahme als Kind einer Minderheit in eine Bekenntnisschule am Wohnort

Kinder sind als bekenntnisfremde Angehörige einer religiösen Minderheit in eine Bekenntnisschule an ihrem Wohnort aufzunehmen, wenn eine öffentliche Gemeinschaftsgrundschule auf dem Gebiet des Schulträgers nicht besteht oder nur bei Inkaufnahme eines unzumutbaren Schulweges erreichbar ist (Nr. 1.23 VVzAO-GS). In der ständigen Verwaltungspraxis richtet sich die Zumutbarkeit nach der Schülerfahrkostenverordnung (§ 13 Absatz 3).
Die Schule achtet das Bekenntnis dieser Kinder. Eine Bekenntnisschule mit mehr als zwölf Schülerinnen und Schülern einer konfessionellen Minderheit erteilt Religionsunterricht in deren Bekenntnis (§ 26 Absatz 7 Schulgesetz).

2. Wunsch der Eltern auf Unterricht und Erziehung in einem fremden Bekenntnis

Eltern haben einen unmittelbar durch Artikel 4 Grundgesetz gewährleisteten Aufnahmeanspruch für ihr bekenntnisfremdes Kind, wenn sie ausdrücklich und übereinstimmend wünschen, es solle nach den Grundsätzen des an der Schule vermittelten Bekenntnisses unterrichtet und erzogen werden. Ein solcher Wunsch ist nicht an die Schriftform gebunden.

Melden die Eltern ihr Kind an einer Bekenntnisschule an, ist dies in der Regel so zu verstehen, dass sie die Merkmale einer solchen Schule kennen und bejahen. Im Zweifel soll die Schulleiterin oder der Schulleiter die Eltern bei der Anmeldung über die Erziehungsgrundsätze der Bekenntnisgrundschule informieren. Die ausdrückliche Erklärung der Eltern, ihr Kind allein aus anderen als den zuvor genannten, nämlich aus pädagogischen, schulorganisatorischen oder geografischen Gründen anzumelden, schließt allerdings die Aufnahme in die Bekenntnisgrundschule aus.

3. Teilnahme am Religionsunterricht

Der durch die Anmeldung zum Ausdruck gebrachte Wunsch von Eltern, ihr Kind solle nach den Grundsätzen des an der Schule vermittelten Bekenntnisses unterrichtet und erzogen werden, schließt ihr Einverständnis ein, dass dem Kind Religionsunterricht im fremden Bekenntnis durch eine staatliche oder kirchliche Lehrkraft erteilt wird.
Erklären die Eltern bei der Anmeldung, ihr Kind solle am Religionsunterricht im fremden Bekenntnis nicht teilnehmen, ist die Aufnahme in die Schule nicht möglich. Ebenso besteht kein Anspruch auf Zugang zur bekenntnisfremden Bekenntnisschule, wenn die Eltern darauf bestehen, für ihr Kind solle Religionsunterricht im eigenen Bekenntnis erteilt werden.
§ 26 Absatz 7 Schulgesetz steht dem nicht entgegen. Zu einer
konfessionellen Minderheit im Sinne dieser Vorschrift mit Anspruch auf Religionsunterricht in ihrem Bekenntnis gehören nur Kinder, die deshalb eine Bekenntnisschule besuchen, weil eine öffentliche, ihrem Bekenntnis entsprechende Schule oder eine Gemeinschaftsschule auf dem Gebiet des Schulträgers nicht besteht oder nur bei Inkaufnahme eines unzumutbaren Schulweges erreichbar ist.
Die Teilnahme am Religionsunterricht des fremden Bekenntnisses bietet dem Kind die Gelegenheit, dieses Bekenntnis kennen zu lernen. Sie bedeutet nicht, dieses Bekenntnis anzunehmen. Zwar ist der Religionsunterricht anders als ein religionskundlicher Unterricht Bildung und Erziehung im Glauben, aber nicht eine Erziehung zum Glauben. Aus der Perspektive des Bekenntnisses ermöglicht der Religionsunterricht interreligiöses Lernen. Es gehört zum pädagogischen Auftrag der Religionslehrerinnen und Religionslehrer, Kinder keinen Konflikten auszusetzen, die sich aus den Zielen des bekenntnisgebundenen Religionsunterrichts einerseits und dem eigenen Bekenntnis der Kinder andererseits ergeben. Das gilt in besonderer Weise für Kinder nichtchristlicher Bekenntnisse.

4. Teilnahme an Schulgottesdiensten

Schulgottesdienste vermitteln religiöse Erfahrungen, die über den Religionsunterricht hinausgehen. Der Runderlass über den
Schulgottesdienst als Schulveranstaltung (BASS 14-16 Nr. 1) eröffnet die Gelegenheit für solche Angebote und die Teilnahme daran.
Bekenntnisschulen arbeiten häufig mit Kirchengemeinden zusammen, und das Angebot von Schulgottesdiensten gehört zu ihrem Schulprogramm. Die Teilnahme an kirchlichen Handlungen bleibt in aller Regel den bekenntnisangehörigen Kindern vorbehalten. Sie darf von den bekenntnisfremden Kindern nicht erwartet werden. Darauf muss die Schule bei den Schulgottesdiensten achten. Es gehört zu ihren Aufgaben, die Eltern dieser Kinder über den Ablauf von Schulgottesdiensten zu informieren und mit ihnen über den Ausgleich unterschiedlicher Wünsche und Interessen zu sprechen. Dass ein bekenntnisfremdes Kind nicht beim Schulgottesdienst anwesend ist, sollte vermieden werden, wird es doch auf diese Weise vorübergehend vom Schulleben ausgeschlossen. Wenn aber in dieser Frage kein Einvernehmen mit seinen Eltern möglich ist und das Kind dem Schulgottesdienst fernbleibt, stellt dies den Besuch der Bekenntnisschule nicht in Frage.

5. Aufnahmekriterien bei Anmeldeüberhängen

In den meisten Fällen können die Grundschulen alle Kinder aufnehmen, die dort angemeldet werden. Übersteigt die Zahl der Anmeldungen die Aufnahmekapazität einer Grundschule (Anmeldeüberhang), kommt es zu einem Aufnahmeverfahren nach den Regeln der Ausbildungsordnung für die Grundschule. Nach den dazu erlassenen Verwaltungsvorschriften (Nr. 1.23 VVzAO-GS) haben beim Anmeldeüberhang an einer Bekenntnisschule Kinder, die dem Bekenntnis angehören, einen Vorrang gegenüber den anderen Kindern.
Bei der Aufnahme auch bekenntnisfremder Kinder in die
Bekenntnisgrundschule unterscheidet die jüngste Rechtsprechung aber nicht mehr zwischen bekenntnisangehörigen und bekenntnisfremden
Kindern, stellt also kein Rangverhältnis her. Danach sind bei
schulorganisatorischen Beschlüssen und den Prognosen, auf denen sie beruhen, beide Gruppen gleichermaßen zu berücksichtigen. Es ist deshalb vertretbar, dann nicht nach der Verwaltungsvorschrift zu verfahren, wenn die Eltern die ausdrückliche Erklärung abgeben, dass sie ihr bekenntnisfremdes Kind wegen des Bekenntnischarakters der
gewünschten Schule dort erziehen und unterrichten lassen wollen.

Mit freundlichen Grüßen
gez. Ludwig Hecke

< <<<<<<<<< Ende der Schulmail des MSW NRW <<<<<<<<<<

Diese Nachricht wurde Ihnen im Auftrag des Ministeriums für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalens (MSW NRW) übermittelt.
Bitte benutzen Sie bei Fragen oder Rückmeldungen nicht die
automatische Antwort-Funktion Ihres Mailprogramms, da diese Adresse nur dem Mailversand dient!
Bei Fragen zu diesem Thema wenden Sie sich bitte direkt an Herrn Ulrich Pfaff (ulrich.pfaff@msw.nrw.de).

Brief an die Parteivorsitzenden in NRW: Schluss mit der Diskriminierung an öffentlichen Bekenntnisschulen!

Share

Am 3. Oktober 2013 forderten wir in einem Brief an die Parteivorsitzenden alle im Landtag von NRW vertretenen Parteien dazu auf, die Diskriminierung an öffentlichen Bekenntnisschulen in diesem Bundesland zu beenden: Es muss endlich sichergestellt werden, dass alle öffentlichen Grundschulen Kindern und Lehrkräften unabhängig von Religion und Herkunft offen stehen.

„[…] Wir appellieren dringend an Sie und alle demokratischen Kräfte im Landtag, sicherzustellen, dass ein Fall wie jener in Paderborn nicht mehr vorkommen kann. Es muss gewährleistet sein, dass Familien ihre Kinder gemeinsam mit anderen Kindern aus der unmittelbaren Nachbarschaft in die gleiche Grundschule schicken können. Unser öffentliches Schulsystem muss konfessionelle und religiöse Grenzen überwinden. Es widerspricht dem Inklusionsgedanken, wenn an öffentlichen Schulen das gemeinsame Lernen an Konfessionsgrenzen Halt macht. Ebenso muss sichergestellt sein, dass Glaube und Religionszugehörigkeit von Lehrkräften keinen Einfluss auf deren Anstellungschancen und die Wahrnehmung von Leitungspositionen haben.

Dabei wenden wir uns nicht gegen eine Orientierung der staatlichen Grundschulen an christlichen Werten bzw. die Vermittlung dieser Werte an Schülerinnen und Schüler. Unser Land, unsere Geschichte und unsere Kultur sind durch das Christentum geprägt. Staatliche Schulen dürfen aber nicht Andersgläubige diskriminieren, ihre religiöse Identität als Ablehnungsgrund ansehen oder Kinder nur dann akzeptieren, wenn sie sich zum konfessionellen Religionsunterricht oder gar zum Gottesdienst verpflichten.

Eine Abschaffung öffentlicher Bekenntnisgrundschulen wäre der konsequenteste Weg, der Verletzung der Gleichbehandlung zu begegnen. Dieser Weg wurde in nahezu allen Bundesländern längst gegangen, sogar in stark religiös geprägten wie Bayern und Rheinland-Pfalz vor bald 50 Jahren.“

Übergabe der Petition für Bülent an Sigrid Beer

Share

Liebe Unterstützerinnen und Unterstützer der ‚Petition für Bülent‘!

Übergabe der Petition für Bülent an Sigrid Beer

Übergabe der Petition für Bülent an Sigrid Beer

Paderborn. Am Samstag, den 21.9.2013 wurde unsere Petition mit 2.283 Unterschriften an Sigrid Beer als Stellvertreterin der Regierungskoalition in Nordrhein-Westfalen übergeben. Beer ist nicht nur Paderborner Landtagsabgeordnete, sondern auch parlamentarische Geschäftsführerin und schulpolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen im Landtag. Sie erklärte sich bereit, das Anliegen der Unterzeichner nach Düsseldorf zu überbringen. Vorgenommen wurde die Übergabe von Michael Schäder, Stadtschulpflegschaftsvorsitzender in Paderborn, gemeinsam mit dem stellvertretenden Vorsitzenden des Integrationsrates, Sohail Ahmed. Weder die Schulleitung der Bonifatiusschule noch die Schulaufsicht noch das Schulverwaltungsamt waren bereit gewesen, die Petition persönlich entgegenzunehmen.

Bei der Übergabe betonte Schäder, dass er sich eine Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen wünsche. Es sei nicht einzusehen, warum in staatlichen Schulen Kinder nach Religionszugehörigkeit getrennt würden. Ebenso sei es falsch, dass staatliche Schulen Kinder zur Teilnahme an Religionsunterricht oder Gottesdiensten verpflichteten, obwohl das Grundgesetz diese Entscheidung explizit den Eltern überlasse.

Sohail Ahmed verwies darauf, dass der aktuelle Fall nur die Spitze des Eisbergs darstelle: Viele Kinder in Paderborn besuchten unfreiwillig eine weit entfernte Grundschule, weil sie an der nächstgelegenen Grundschule nur unter der Bedingung der Teilnahme an Religionsunterricht und Gottesdienst aufgenommen würden. Viele andere andersgläubige Eltern ließen ihre Kinder notgedrungen am katholischen Religionsunterricht teilnehmen, da sie nicht die Möglichkeit hätten, ihre Kinder quer durch die Stadt zur Schule zu begleiten.

Frau Beer versicherte den Petenten, dass die Geschehnisse in Paderborn im Düsseldorfer Landtag aufmerksam verfolgt würden. Sie betonte, dass sie sich einen anderen Verlauf der Auseinandersetzung gewünscht hätte. Die Eskalation sei nicht nötig gewesen. Bis zum Schluss habe sie sich für die Aufnahme von Bülent als Gastschüler eingesetzt. Des Weiteren verwies sie auf ihre seit langem andauernden Bemühungen um eine gesetzliche Neuregelung im Einvernehmen mit den Kirchen. Sie sei zuversichtlich, dass man in absehbarer Zeit eine positive Lösung präsentieren könne, die die Bedürfnisse aller Beteiligten berücksichtige. Allerdings müsse man behutsam vorgehen, da man niemand vor den Kopf stoßen wolle.

Was ist aus Bülent geworden?

Vor drei Wochen hätte Bülent gemeinsam mit seinen Kindergartenfreunden an der Bonifatiusschule eingeschult werden sollen. Der Schulleiter der städtischen katholischen Bekenntnisschule lehnte die Aufnahme des Jungen ab, weil die Eltern nicht bereit waren, auf ihr Grundrecht zu verzichten, ihren Sohn vom Religionsunterricht abzumelden. Sie waren – anders als das Oberverwaltungsgericht NRW – der Ansicht, dass ein 50-minütiger Schulweg zu einer Gemeinschaftsgrundschule im Stadtgebiet von Paderborn mit seinen 23 öffentlichen Grundschulen unzumutbar ist.

Am Einschulungstag wurde Bülent unter Verweis auf das Hausrecht mit seinen Eltern des Schulhofs verwiesen. Er und seine Schwester besuchen mittlerweile eine andere Schule. Ihr Schulweg beträgt jetzt 4,5 km statt 200 m. Die sechs wohnortnächtsen Grundschulen sind öffentliche katholische Schulen, in denen die Kinder Religionsunterricht in einem Bekenntnis besuchen müssten, dem sie nicht angehören. Bülents Eltern erwägen, wegen der schwierigen Erreichbarkeit der neuen Schule nach 10 Jahren aus ihrem Stadtteil wegzuziehen.

Direkt neben Bülents neuer Schule, einer Gemeinschaftsgrundschule, liegt eine katholische Bekenntnisschule. Die beiden Schulen sind in einem Gebäudekomplex untergebracht: Aula, Sporthalle und Speiseraum werden gemeinsam genutzt. Bülents Vater erzählt: „Die Migrantenkinder gehen überwiegend durch die rechte Tür in die Gemeinschaftsschule, die ‚einheimischen‘ Kinder überwiegend durch die linke Tür in die Bekenntnisschule. Meinen Kindern fiel das sofort auf: ‚Papa, in meiner Klasse sind ganz viele Kinder mit türkischem Namen‘.“ Bülent selbst ist in Paderborn geboren, er ist deutscher Staatsbürger. Auch an der neuen Schule lernt Bülent, dass die Forderung aller im Bundestag vertretenen Parteien nicht Realität ist, sondern weiterhin ein politischer Auftrag an unsere Volksvertreter bleibt: „Alle Kinder sollen ungeachtet ihres kulturellen Hintergrundes gemeinsam unterrichtet werden.”

Auf dem Elternabend erfuhr Bülents Vater vergangene Woche, dass der Stadtrat vor zwei Jahren beschlossen hat, die beiden Schulen aus organisatorischen Gründen zusammenzulegen. Laut Schulentwicklungsplan soll der Zusammenschluss 2016/17 stattfinden. Es ist nicht auszuschließen, dass die neue Schule eine katholische Bekenntnisschule wird. Bülents Familie rätselt jetzt schon, ob sie zur Einschulung von Bülents kleinem Bruder, die 2019 ansteht, erneut umziehen muss, wenn sie von ihrem Grundrecht auf Religionsfreiheit Gebrauch machen will.

Mit Bülents Familie hoffen wir noch immer auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts, die unserem Rechtsempfinden besser entspricht. Bis jetzt wurden lediglich Eilentscheidungen getroffen, die das Verfahren in der Hauptsache nicht vorwegnehmen. Der Familie sind durch das Verfahren aber bereits erhebliche Anwalts- und Gerichtskosten entstanden.

Die Initiative „Kurze Beine – kurze Wege“ möchte Bülents Familie bei den Prozesskosten unterstützen.

Jede Spende hilft, auch 1, 2 oder 5 Euro!

Näheres hierzu unter http://www.betterplace.org/de/projects/14662-prozesskostenunterstutzung-fur-bulents-familie

Wir werden Sie weiterhin über die Entwicklung auf dem Laufenden halten, über den Petitionsblog unter www.openpetition.de/petition/blog/buelent-soll-mit-seinen-freunden-auf-die-grundschule-in-seiner-nachbarschaft-gehen-duerfen ebenso wie auf der Webseite der Initiative unter www.kurzebeinekurzewege.de

Bülent darf nicht mit seinen Kindergartenfreunden auf die Bonifatiusschule

Share

Kurze Wege für Kurze Beine5.9.2013, 0:15

Es bleibt dabei. Kein Platz für Bülent auf der Grundschule in seinem Viertel

Am 5.9. war in Nordrhein-Westfalen Einschulung. Bis zuletzt hatten Bülents Eltern gehofft, dass ihr Sohn auf der Schule in seiner Straße eingeschult werden könnte, die seine Schwester bereits besucht. Zumindest vorläufig, gegebenenfalls würde er eben den Religionsunterricht besuchen. Es sollte nicht sein: Dieser erste Schultag fand für Bülent nicht statt, obwohl er bereits auf der Klassenliste stand. Daran änderten auch die 1700 Unterstützer nichts, die innerhalb von vier Tagen durch die Petition gefunden wurden. Der Schulleiter nahm sein Recht wahr, Bülent abzulehnen, und setzte es auch durch. Seine Eltern werden nunmehr eine andere Schule für ihre Kinder suchen müssen.

Überraschend ist eine Erläuterung in der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts zur Schulartänderung. Der Initiative „Kurze Beine – kurze Wege“ war immer gesagt worden, den Kommunen seien die Hände in der Gestaltung dieses Aspekts der Schullandschaft gebunden, eine Umwandlung könne nur durch Eltern erfolgen. Das OVG erläutert nun, eine Umwandlung könne „der Rat des Schulträgers durch einen Organisationsbeschluss … von Amts wegen und freiwillig herbeiführen“. Nach Auskunft des Schulministeriums gehörten im Schuljahr 2012/2013 an 54 evangelischen und an 263 katholischen Bekenntnisgrundschulen in öffentlicher Trägerschaft weniger als 50% der Schülerinnen und Schüler dem jeweiligen Schulbekenntnis an. Das sollte als Begründung genügen, ein Drittel aller Bekenntnisschulen von Amts wegen umzuwandeln, um wenigstens dort die Diskriminierung zu beenden.

Zur Petition für Bülent:

https://www.openpetition.de/petition/online/buelent-soll-mit-seinen-freunden-auf-die-grundschule-in-seiner-nachbarschaft-gehen-duerfen

Hintergrundinformationen und Presseberichte:

Was Rosa Parks mit Paderborns Bonifatiusschule verbindet

Share

4.9.2013, 21:30

OVG NRW: Diskriminierung von Grundschülern aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit ist erlaubt

Das Oberverwaltungsgericht hat in seinem Eilentscheid klargestellt: Es ist in Nordrhein-Westfalen mit Recht und Gesetz vereinbar, dass die Bonifatiusschule Paderborn die Aufnahme eines Schulanfängers ablehnt, weil er muslimisch ist.

Die  Bonifatiusschule ist eine öffentliche katholische Bekenntnisschule, an der aber nur 42,5% der Schülerinnen und Schüler katholisch sind. 15 von 23 Grundschulen in Paderborn sind solche Schulen. Sie befinden sich in Trägerschaft der Stadt und werden zu 100% öffentlich aus allgemeinen Steuergeldern finanziert. Es fließt kein Cent aus Kirchensteuermitteln in diese Schulen.

Auf ihrer Homepage schreibt die Schule: „Wir begreifen es als bedeutende Aufgabe, unsere Schüler/innen unterschiedlicher sozialer und ethnischer Herkunft, die in vielschichtigen Traditionen verwurzelt sind, zusammenzuführen.“ Bülent (Name geändert) hat auf dieser Schule keinen Platz, weil er Muslim ist. Oder besser: Weil sein Vater nicht bereit ist, zu unterschreiben, dass Bülent den katholischen Religionsunterricht an der Schule besuchen muss. Bülents Schwester, die jetzt in die dritte Klasse kommt, muss übrigens nicht in den Religionsunterricht, ebenso wie viele andere Kinder. Bis vor kurzem hat die Schule sogar noch Abmeldeformulare dafür ausgeteilt.

Bülent soll auf die Grundschule seiner Schwester gehen dürfenUnd jetzt? Die Stadt kann der Kirche nicht wie in Königswinter kündigen. Schließlich ist sie selbst Trägerin der Schule. Das OVG kritisiert die Stadt für ihre Schullandschaft und sagt, die Schulart müsse vom Stadtrat förmlich geändert werden. Aber wie? Dafür gibt es keine Rechtsgrundlage, laut Schulgesetz können nur Eltern eine Schule umwandeln – wenn 2/3 aller Eltern dies wollen. In den meisten Fällen ist das eine astronomisch hohe Hürde.

Was das alles mit Rosa Parks zu tun hat? Die Afro-Amerikanerin wurde am 1. Dezember 1955 in Alabama verhaftet, weil sie sich weigerte, ihren Sitzplatz im Bus für einen weißen Fahrgast freizugeben. Die Verhaftung war nach damaliger Gesetzeslage korrekt. Wir wissen heute, dass sie Recht hatte, obwohl sie damals im Unrecht war. Ihre Weigerung, aufzustehen, gilt als Anfang der Bürgerrechtsbewegung. An deren Ende stand die Gleichberechtigung schwarzer Amerikaner.

Zur Petition für Bülent:

https://www.openpetition.de/petition/online/buelent-soll-mit-seinen-freunden-auf-die-grundschule-in-seiner-nachbarschaft-gehen-duerfen

Hintergrundinformationen:

Bülent soll mit seinen Freunden auf die Grundschule in seiner Nachbarschaft gehen dürfen

Share

aktualisiert 4.9.2013, 18:10

Für alle derzeit im Bundestag vertretenen Parteien  ist klar:

„Alle Kinder sollen ungeachtet ihres kulturellen Hintergrundes gemeinsam unterrichtet werden.“

Im Wahl-o-mat zur Bundestagswahl beziehen die demokratischen Parteien klar Stellung: „Das Miteinander ist Voraussetzung einer offenen und toleranten Gesellschaft” (FDP) und „Gemeinsamer Unterricht ist ein wichtiges Element unserer Integrationspolitik. Kinder sollen ungeachtet ihrer Herkunft gefördert werden” (CDU). Die Grünen betonen: „Wir wollen keine Sonderung der SchülerInnen nach Sozialstatus, Herkunft der Eltern, Religion oder anderen Merkmalen.“

In NRW gilt all das nicht. Der Schulleiter der Paderborner Bonifatiusschule verweigert dem 6-jährigen Bülent (Name geändert) die Aufnahme, weil er nicht katholisch ist. Statt mit seiner Schwester 5 Minuten zur Schule zu gehen, muss er ab Donnerstag mit dem Bus quer durch die Stadt zur nächstgelegenen Gemeinschaftsgrundschule fahren. Die Fahrt dauert 50 Minuten – pro Weg.

Bülent soll auf die Grundschule seiner Schwester gehen dürfenDas Verwaltungsgericht Minden hat am 30.8.2013 in einem Eilentscheid festgestellt, dass es davon ausgeht, dass diese Ablehnung mit Recht und Gesetz in Nordrhein-Westfalen vereinbar ist. Diese Einschätzung wurde vom Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen am 4.9. bestätigt.

Wie das sein kann? Die Bonifatiusschule ist formal eine öffentliche Katholische Bekenntnisschule, die zwar vollständig staatlich finanziert ist, an der aber alle Lehrerinnen und Lehrer katholisch sein müssen. Eltern müssen seit kurzem an dieser Schule unterschreiben, dass sie mit Unterrichtung und Erziehung im katholischen Bekenntnis einverstanden sind und explizit auch mit der Teilnahme am katholischen Religionsunterricht – andernfalls werden die Kinder nicht aufgenommen. Und dazu ist der Vater von Bülent nicht bereit.

An der Schule sind lediglich 42% der Kinder katholisch, die Schule ist schon lange nur noch dem Namen nach katholisch. Bislang war es möglich, sich per Standardformular vom Religionsunterricht abzumelden.

Der Fall erinnert an die Kündigung einer Kindergartenleiterin durch die katholische Kirche in Königswinter. Auch das war offenbar mit dem deutschen Recht vereinbar. Aber dort entschied der Stadtrat kurzerhand, der katholischen Kirche die Trägerschaft zu entziehen.

Helfen Sie mit, dass Bülent mit seiner Schwester und seinen Kindergartenfreunden die Bonifatiusschule besuchen kann! Sagen Sie dem Schulleiter der Bonifatiusschule, der Stadt Paderborn und der Bezirksregierung mit ihrer Unterschrift Ihre Meinung: Schließlich sagt das Gericht zwar, dass die Schule Bülent die Aufnahme verweigern darf. Aber nicht, dass sie das tun muss.

Zur Petition:

https://www.openpetition.de/petition/online/buelent-soll-mit-seinen-freunden-auf-die-grundschule-in-seiner-nachbarschaft-gehen-duerfen

Hintergrundinformationen:

Endlich juristischer Rückenwind: Viele Bekenntnisgrundschulen sind eigentlich Gemeinschaftsschulen

Share

(zuletzt aktualisiert am 1.9.2013)

Wir kennen das von der Bundesebene: Wenn die Politik es nicht schafft, Lösungen für drängende gesellschaftliche Fragen zu finden, müssen diese Fragen vor Gericht geklärt werden. So auch im Fall der öffentlichen Bekenntnisschulen in Nordrhein-Westfalen. Seit Jahren konstatieren zahlreiche Politiker/innen und sogar einzelne Kirchenvertreter, dass es durch die geltenden Regelungen rund um Bekenntnisgrundschulen in NRW zu gravierenden Ungerechtigkeiten kommt. An den gesetzlichen Regelungen hat sich seither jedoch nichts verändert. Der Gesetzgeber blieb untätig. Weiterlesen

GEW spricht Klartext: Bekenntnisschulen widersprechen der Inklusion

Share

In der Mai-Ausgabe der Zeitschrift der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Nordrhein-Westfalens findet die Vorsitzende der Fachgruppe Grundschule, Rixa Borns, klare Worte:

„[…] Wenn jetzt das Schulgesetz im Sinne der Inklusion geändert wird, dann sollten auch die verschiedenen Bekenntnisschularten infrage gestellt werden. Weiterlesen