Die Mauer zwischen dem katholischen und dem evangelischen Schulhof

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Diese Woche feiern über 150.000 Schülerinnen und Schüler in Nordrhein-Westfalen ihren ersten Schultag. Nicht in allen Familien ist die Freude über den besonderen Tag ungetrübt. Auch dieses Jahr wieder haben Hunderte Kinder nicht den Platz an der Wunschschule bekommen, einfach nur deswegen weil sie nicht das richtige Bekenntnis haben. Immerhin fast 900 Grundschulen in NRW sind auch heute noch staatliche Bekenntnisschulen, die vollständig aus allgemeinen Steuermitteln finanziert werden. Die Kirchen müssen keinen Cent für Betrieb und Unterhalt zuschießen.

Zwar gibt es keine Mauern mehr auf dem Schulhof, wie es noch bis in die 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts vielerorts üblich war, um katholische und evangelische Kinder sorgfältig voneinander zu trennen. Aber immer noch steht die konfessionelle Trennung an öffentlichen Grundschulen in der Landesverfassung und im Schulgesetz des bevölkerungsreichsten Bundeslandes. An einem Drittel aller staatlichen Grundschulen werden zunächst katholisch oder evangelisch getaufte Kinder aufgenommen, bevor die verbleibenden Plätze auch an andere Kinder vergeben werden. Das gibt es sonst nur noch im Oldenburger Land in Niedersachsen.

Über die Mauer auf dem Schulhof berichteten übrigens vor Kurzem sowohl der Deutschlandfunk als auch das Nachrichtenportal katholisch.de. Dort heißt es mit Verweis auf die etwas verbesserten Umwandlungsbedingungen seit der letzten Schulgesetzänderung:

„Fest zementierte religiöse Verhältnisse im Schulbereich – sie gehören der Vergangenheit an.“

Dass es im vergangenen Schuljahr den Eltern an immerhin 7 Schulen gelang, erfolgreich eine Umwandlung der bis dahin katholischen Schulen in Gemeinschaftsschulen zu erreichen, sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die gesetzlichen Regelungen nach wie vor eine fast unüberwindbare Hürde darstellen: Es genügt nicht, dass eine Eltern-Mehrheit für die Umwandlung stimmt. Mehr als die Hälfte aller Eltern einer Schule muss sich in dem Verfahren für eine Umwandlung aussprechen. Wenn ein Elternpaar (beide Eltern müssen sich einig sein, sonst können sie nicht mit abstimmen) nicht an der Abstimmung teilnimmt, zählt deren Stimme praktisch wie eine Stimme gegen die Umwandlung. Auch die Stimmen der Eltern von Viertklässlern werden hierbei berücksichtigt, obwohl diese gar nicht mehr betroffen sind. Man kann sich vorstellen, wie schwer es ist, diese Eltern überhaupt dazu zuz bewegen, sich an der Abstimmung zu beteiligen. Die Eltern der Kindergartenkinder, die im Umfeld der Schule wohnen oder gar neu an der Schule angemeldet wurden, werden hingegen nicht mitgezählt.

So hält Nordrhein-Westfalen auch über 50 Jahre nach Abschaffung der staatlichen Bekenntnisschule in Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz an diesem Relikt der Nachkriegszeit fest. Eine Abschaffung erscheint fast unmöglich, da die Schulart fest in der Verfassung der verankert ist, man könnte auch sagen, einzementiert. So ist zu befürchten, dass vermeintlich Vergangenes noch auf lange Zeit zur schmerzlichen Gegenwart der Schulpolitik in NRW gehören wird.