Bekenntnisgrundschulen 2018 – museumsreif

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Bonn, im Januar 2018

Wir wünschen uns für 2018, dass es in Bezug auf die staatlichen Bekenntnisschulen in Nordrhein-Westfalen endlich Bewegung gibt. Die Diskussion über die Einführung von Ethikunterricht an den Grundschulen des Landes bietet dafür einen guten Anlass.

In den letzten Tagen haben wir einige Netzsplitter gesammelt, die belegen, dass die Landesverfassung in diesem Punkt einer dringenden Überholung bedarf. Die in NRW vorgesehene konfessionelle Trennung an staatlichen Grundschulen ist ein Fall für das Museum – nicht nur in Bayern:

1887 – In der Enzyklika „Officio sanctissimo“ verlangt Papst Leo XIII. die Erhaltung der Konfessionsschulen und erteilt der „gemischten Schule“ sowie jeglicher Teilnahme an „religionsgemeinschaftlichen Unterrichtsformen“ eine Absage. (Der Standard, Historischer Kalender 22. Dezember)

(Bericht über einen Ausstellungsbesuch im bayerischen Dachau:) Alles echt museumsreif. Dort hängt auch ein Klassenfoto der jungen Protestanten aus dem ersten Jahr der Karlsfelder Gemeinschaftsschule 1962/63. Für die jüngeren Leser: Bis 1968 gab es in Bayern sogenannte Bekenntnisschulen, in denen die Kinder je nach Konfession katholisch oder evangelisch unterrichtet wurden. In Oberbayern waren die Protestanten die Minderheit, durften daher nicht die Bekenntnisschule besuchen, sondern mussten in die Gemeinschaftsschule.
(SZ, 3.1.2018, Museumsreife Autoren)

…Zu Beginn des Jahres war bereits der Versuch von Eltern gescheitert, die katholische Grundschule im Stadtteil Mondorf in eine Gemeinschaftsgrundschule umzuwandeln. Die Zurückhaltung von Politik und Stadtverwaltung im Zusammenhang mit der Gründung der freien Schule legen den Verdacht nahe, dass man im Rathaus die bestehenden städtischen Schulen vor unliebsamer Konkurrenz schützen will: die fünf Grundschulen, von denen immerhin vier christliche Bekenntnisschulen sind, was vor allem nach dem Willen der CDU auch so bleiben soll… Dabei täte gerade bei den Grundschulen frischer Wind gut. Eine freie Grundschule böte Eltern, die ihr Kind ausdrücklich nicht auf eine Bekenntnisschule schicken möchten, eine neue Perspektive. Bislang ist die Gemeinschaftsgrundschule in Lülsdorf die einzige Option für sie. Allerdings müssen vor allem Kinder aus dem Süden der Stadt dafür einen unzumutbar weiten Schulweg auf sich nehmen.
(Rundschau-online.de, 23.12.17, Bei den Grundschulen täte frischer Wind gut)

Ein Frohes Neues Jahr 2018 wünscht die Initiative „Kurze Beine – kurze Wege“ allen Leserinnen und Lesern!

50 Jahre nach Rheinland-Pfalz: Umwandlung jetzt!

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Bonn, 20.12.2017

CC-BY-SA-4.0 International Günter Haase

Uns ist kein Umwandlungsverfahren bekannt, dass deshalb durchgeführt wurde, weil atheistische Eltern Religion aus der Schule drängen wollten. Tatsächlich sind sich von ungläubig bis fromm die allermeisten Eltern einig, dass Kinder über Religionsgrenzen hinweg gemeinsam zur Schule gehen sollten. Heute erreichten uns zwei Zuschriften, die dies illustrieren und die wir daher in Auszügen zitieren möchten:

Eine betroffene Mutter schreibt:
„Wir sind direkt betroffen und können es nicht fassen! Unsere Kinder können nicht an die uns zugeteilte Schule gehen, da sie eine katholische Bekenntnisschule ist und wir sind keine Katholiken. Wir nehmen die Glaubenserziehung unserer Kinder selber in die Hand. Das ist Aufgabe der Eltern! Das steht übrigens in der Bibel… Unsere Kinder werden nach ihrer Einschulung nun morgens ca. 40 min mit dem Bus zur nächsten Schule fahren. Mittags muss ich sie holen, da es keine Busanbindung gibt! Das ist diskriminierend! Unsere Kinder werden mit keinem einzigen ihrer Kindergartenfreunde eingeschult werden.“

Und ein Schulleiter:
„Unsere Grundschule ist die einzig verbliebene Innenstadtgrundschule. Die nächste Gemeinschaftsgrundschule liegt 1,5 km von uns entfernt. … Würden wir unseren Bekenntnisstatus abgeben, wären wir [für viele Schüler, die derzeit auf Kosten der Stadt mit Schulbussen in weiter entfernt gelegene Schulen gefahren werden,] die nächstgelegene Gemeinschaftsgrundschule, unsere Schülerzahlen würden wahrscheinlich steigen und die Sozialstruktur unserer Schulumgebung würde sich wieder in unseren Klassenzimmern widerspiegeln. Kurzum: legen wir unseren Bekenntnisstatus ab, steigt wahrscheinlich wieder die Zahl der katholischen Kinder an unserer Schule.“

Wir meinen, dass es allerhöchste Zeit ist, dass NRW dem Beispiel folgt, dass die damalige christlich-liberale Koalition von Rheinland-Pfalz vor 50 Jahren gegeben hat. Dort wandelte Bernhard Vogel als Kultusminister im Kabinett Kohl die katholischen und evangelischen Schulen in Gemeinschaftsgrundschulen um.

Philosophieren mit Kindern an Grundschulen in NRW

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Bonn, 3.12.2017

An Nikolaus, dem 6.12., debattiert der Schulausschuss des NRW-Landtags über Ethikunterricht an Grundschulen. Das Thema steht im Koalitionsvertrag der Landesregierung. In diesem Fall hat die Fraktion der Grünen einen Antrag eingebracht mit dem Titel „Philosophie verleiht Flügel!“. Sie fordern darin, die flächendeckende Einführung eines solchen Unterrichtsangebots vorzubereiten.

Der Hintergrund ist unstrittig und schnell beschrieben: Die Säkularisierung schreitet voran und gleichzeitig nimmt die religiöse Vielfalt zu. Immer weniger Kinder gehören dementsprechend einer Glaubensgemeinschaft an, für die Religionsunterricht erteilt wird. An vielen Grundschulen bilden die Kinder, für die es kein Alternativangebot gibt, bereits jetzt die größte Gruppe. Für sie entfällt der Unterricht in der Regel ersatzlos, statt dass sie ein – im mehrfachen Sinne – wertvolles Unterrichtsangebot bekommen.

Sämtliche schriftlich vorliegenden Stellungnahmen halten diesen Schritt für sinnvoll, auch die Kirchen. In keiner Stellungnahme wird allerdings darauf eingegangen, ob ein solcher Unterricht auch an den staatlichen Bekenntnisschulen des Landes eingeführt werden soll, die immerhin ein Drittel aller Grundschulen ausmachen. Bislang ist an diesen Schulen eine Abmeldung vom Religionsunterricht nicht möglich – das hat gerade noch einmal das Bundesverfassungsgericht in einem Beschluss bestätigt. In unseren Augen wäre es allerdings im wahrsten Sinn des Wortes scheinheilig, einen Ethik-Unterricht an Grundschulen einzuführen, ohne diesen Schritt auch an den Bekenntnisschulen zu gehen. Tatsächlich sind nämlich dort kaum weniger Kinder bekenntnislos als an Gemeinschaftsgrundschulen.

Hier unsere Stellungnahme zum Antrag. 

Sieben-Quellen-Schule bleibt katholisch

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Die Neue Westfälische berichtet heute, dass bei der Abstimmung über die Schulart der „Grundschule an den 7 Quellen“ in Willebadessen (Kreis Höxter) die notwendige Merheit für eine Umwandlung verfehlt wurde. Zwar sprach sich eine Mehrheit der abstimmenden Eltern für ein Ende der Konfessionsbindung aus, nötig wäre aber eine absolute Mehrheit der Stimmen gewesen. Letztlich fehlten 19 Stimmen. Bürgermeister Hans Hermann Bluhm (CDU) kritisiert die Regelung des Schulgesetzes. Er findet es problematisch, dass sich nun eine Mehrheit der Minderheit unterordnen müsse. In drei Jahren möchte Bluhm die Eltern daher erneut abstimmen lassen.

Leider gibt der Zeitungsartikel keinen weiteren Kontext. Ein Blick auf die Karte ergibt, dass es für zentrumsnah wohnende Kinder keine Alternative zur Sieben-Quellen-Schule gibt. Die St. Nikolaus-Schule im benachbarten Peckelsheim ist zwar offenbar eine Gemeinschaftsgrundschule, aber für Kinder nicht allein erreichbar.

Macht Europa Schluss mit der Diskriminierung von Lehrkräften aufgrund ihrer Weltanschauung?

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Gerade erst hat das höchste deutsche Gericht eine Verfassungsbeschwerde gegen verpflichtenden Religionsunterricht an Bekenntnisschulen in staatlicher Trägerschaft abgewiesen. Damit gibt das Verfassungsgericht grünes Licht, dass weiterhin Grundschulkinder aufgrund ihres Bekenntnisses längere Schulwege in Kauf nehmen müssen. Genauso betroffen sind Lehrkräfte. Diese Schulen stehen in ihrer Ausformung in NRW zunächst nur Lehrkräften des jeweiligen Bekenntnisses offen. So steht es im Schulgesetz (§26, 6): Weiterlesen

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, nicht über Bekenntnisgrundschulen zu entscheiden

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Im September 2017 hat sich das Bundesverfassungsgericht mit öffentlichen Bekenntnisschulen in Nordrhein-Westfalen befasst. Genauer: Es hat entschieden, sich nicht damit zu befassen. Die 1. Kammer des 1. Senats (Kirchhof, Schluckebier, Ott) lehnte die Verfassungsbeschwerde eines Kindes (vertreten durch Prof. Dr. Hinnerk Wißmann, Professor für Religionsverfassungsrecht, Münster) als unzulässig ab. Weiterlesen

Bonner Rat fordert sichere und kurze Wege für Bonner Grundschulkinder

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Bonn, 11. November 2017 (aktualisiert 8.5.2018)

Wie schön! Der Bonner Rat unterstützt unser Anliegen und setzt sich für eine Umwandlung von Bekenntnisgrundschulen in Gemeinschaftsschulen ein. So steht es auf den Seiten der Bundesstadt: Weiterlesen

Erinnerung an die Abschaffung der öffentlichen Bekenntnisschule in Bayern vor 50 Jahren

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Dieser Tage erinnert das in Franken erscheinende Main-Echo daran, dass vor 50 Jahren per Volksbegehren in Bayern die konfessionelle Trennung an öffentlichen Volksschulen beendet wurde.  Ein ehemaliger Schüler, jetzt Pfarrer, erinnert sich, dass an seiner bis dahin evangelischen Schule schon vorher auch katholische Kinder aufgenommen wurden:

Revolutionär war damals nicht nur der gemeinsame Unterricht für Angehörige unterschiedlicher Konfessionen, sondern auch der von Mädchen und Jungen.

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Anmeldung zur öffentlichen Grundschule – Bekenntnis schlägt Wohnort

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Bonn, 1.11.2017

Pünktlich zum Beginn der Anmeldungen für das Schuljahr 2018/19 beschäftigt sich der Bonner Stadtrat am 9. November mit dem Bürgerantrag der Initiative Kurze Beine – kurze Wege zur „Sicherung kurzer Schulwege für Bonner Grundschulkinder unabhängig von Konfession und Religion“. Den Antrag der Initiative, in allen Bonner Bekenntnisgrundschulen über die konfessionelle Ausrichtung abstimmen zu lassen, lehnte der Schulausschuss zwar ab. Im Grundsatz aber unterstützte die Mehrheit der Mitglieder das Anliegen der Initiative und formulierte statt dessen eine Petition an die Landesregierung. Im Wortlaut heißt es in dem nun vorliegenden Beschlussvorschlag, der in der Bonner Schulausschusssitzung vom 12. September von den Fraktionen von SPD, Grünen und Linken unterstützt wurde: Weiterlesen

Schulleiterin setzt sich für Umwandlung von Bekenntnisschule ein

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Update 12.3.2018: Mit überwältigender Mehrheit (186 von 219 Abstimmungsberechtigten) haben sich die Schmallenberger Eltern im Februar 2018 für eine Umwandlung der Schule entschieden. (Quelle)


Ursprünglich veröffentlicht am 13. Okt 2017

Respekt. In Schmallenberg hat die Leiterin eines Schulverbands aus einer Katholischen Grundschule mit einer Gemeinschaftsgrundschule erkannt, welche Konsequenzen die Gerichtsentscheidung von April 2016 hat. Sie bat den Schulausschuss der Stadt, ein Umwandlungsverfahren für den katholischen Standort einzuleiten:

„Fontaine war anfangs selbst dafür, die Bekenntnisschule möglichst zu halten, mittlerweile scheint die Rechtslage aber eindeutig. Elternvertreter beider Standorte hatten sich im Mai bereits mehrheitlich für eine Umwandlung zur Gemeinschaftsgrundschule ausgesprochen.“

Der Rat folgte dem Anliegen, nun sollen die Eltern Anfang nächsten Jahres über die Umwandlung in eine Gemeinschaftsgrundschule abstimmen.

Quelle: Westfalenpost, 13.10.2017, Eltern sollen mitentscheiden über Zukunft der Grundschule