Allseits Applaus für den Gesetzentwurf zu Bekenntnisschulen?

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Am 14.12.2014 berichtete die Welt am Sonntag in einem Artikel mit dem Titel Einigung mit den Kirchen über die insgesamt gelassene Reaktion auf den Gesetzentwurf:

„Als der Gesetzentwurf diese Woche vorgestellt wurde, erhielt er allseits Applaus. Und zwar auch von den Kirchen. Auch sie halten die Reform für eine notwendige Anpassung an die Realitäten.“

Kein Wunder, schließlich folgt der Entwurf weitestgehend dem, was evangelische und katholische Kirche selbst Anfang des Jahres vorgeschlagen haben. Weiterlesen

Neues Schulgesetz soll Diskriminierung an öffentlichen Grundschulen beenden

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Update: Auf dem Landtagsportal kann ein Protokoll der Landtagsdebatte vom 17.12.2014 abgerufen werden sowie ein Videomitschnitt der Debatte (Beginn bei 4:40:35). 

Hanna-Renate Laurien (CDU, katholisch):
“Kinder müssen zusammen lernen,
gleich welcher Konfession sie angehören.”

Düsseldorf, 17. Dezember 2014

Am heutigen Mittwoch um 15:30 wird im Düsseldorfer Landtag ein gemeinsamer Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen eingebracht. Eine Neuregelung des Schulgesetzes soll die Umwandlung öffentlicher Bekenntnisschulen in Gemeinschaftsschulen erleichtern. Darüber hinaus sollen zukünftig auch Lehrkräfte an dieser Schulart unterrichten können, die dem Schulbekenntnis nicht angehören.

Damit reagiert die Landespolitik darauf, dass sich rund um Bekenntnisgrundschulen in den vergangenen Jahren vielfach Konflikte entzündet haben: Dabei ging es um das Thema der Aufnahme wohnortnaher Schülerinnen und Schüler, die nicht dem Schulbekenntnis angehören; um die Verpflichtung, an öffentlichen Bekenntnisschulen an Religionsunterricht und Gottesdiensten teilzunehmen; und um die Anstellungsmöglichkeiten nichtreligiöser Lehrkräften oder solcher mit anderem Bekenntnis.

Die Politik kommt mit der Gesetzesinitiative ihrem Auftrag aus der Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen nach:  In Artikel 8 wird dort ausdrücklich gefordert, „dass das Schulwesen den kulturellen und sozialen Bedürfnissen des Landes entspricht“. Das Verwaltungsgericht Minden hat in einem Beschluss vom August 2013 (8 L 538/13) im Zusammenhang mit der Ablehnung eines muslimischen Kindes an einer katholischen öffentlichen Bekenntnisgrundschule wie folgt auf diese Verpflichtung hingewiesen: „Letztlich ist es vorrangige Aufgabe der politischen Entscheidungsträger, gesetzliche Bestimmungen ggf. dem gesellschaftlichen Wandel anzupassen und die Normen mit der Wirklichkeit wieder in Einklang zu bringen.”

In der Tat entsprechen im Fall der staatlichen Bekenntnisschulen die Normen schon lange nicht mehr der gesellschaftlichen Realität in Nordrhein-Westfalen. Ein Drittel aller öffentlichen Grundschulen sind bekenntnisgebunden, obwohl an den wenigsten von ihnen eine große Mehrheit in der entsprechenden Konfession getauft ist. Nach den amtlichen Schul­daten für das Schuljahr 2012/2013 gehörten zu diesem Zeitpunkt an 54 evangelischen und an 263 katholischen Bekenntnisgrundschulen in öffentlicher Trägerschaft weniger als 50 % der Schülerinnen und Schüler dem jeweiligen Schulbekenntnis an. In 81 Gemeinden gab es ausschließlich Bekenntnisgrundschulen.

„Kurze Beine – kurze Wege“ begrüßt außerordentlich, dass mehr als 5 Jahre nach Gründung der Initiative verbesserte Bedingungen für die Umwandlung öffentlicher Bekenntnisschulen geschaffen werden sollen. Allerdings gehen in unseren Augen die im Konsens mit den Kirchen geplanten Änderungen nicht weit genug: Die Neufassung des Schulgesetzes stellt nicht sicher, dass

  • alle Kinder unabhängig von Glaube und Herkunft ein Aufnahmerecht an der nächstgelegenen öffentlichen Grundschule erhalten;
  • an allen öffentlichen Schulen die fachliche Qualifikation Hauptkriterium bei der Besetzung von Lehrer/innenstellen und Leitungspositionen ist;
  • Kinder an öffentlichen Schulen keinen Religionsunterricht in einem Bekenntnis besuchen müssen, dem sie nicht angehören. 

Bis heute legitimiert der Verfassungsrang der Bekenntnisschulen in Nordrhein-Westfalen die Diskriminierung von Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern nach religiösen Kriterien an öffentlichen Einrichtungen, die von allen Bürgern gezahlt und getragen werden. Angesichts einer zunehmenden Säkularisierung und gleichzeitig einer stärkeren religiösen Pluralität entsteht durch die Aufrechterhaltung von Bekenntnisschulen in staatlicher Trägerschaft zunehmend ein Spannungsverhältnis zu zentralen Artikeln des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland, die nicht nur den beiden großen Kirchen, sondern auch anderen religiösen Gemeinschaften und der wachsenden Gruppe nichtreligiöser Menschen Religionsfreiheit garantieren.

Wir fordern daher den Landtag NRW auf, die Landesverfassung zu ändern, um die Diskriminierung zu beenden.

In der Initiative “Kurze Beine – Kurze Wege” engagieren sich Menschen aus ganz Nordrhein-Westfalen. Die Initiative ist überparteilich und unabhängig. Sie besteht aus gläubigen und nichtgläubigen Bürgern des Landes: Wir sind katholisch, evangelisch, muslimisch und bekenntnislos, mit und ohne Migrationshintergrund. Wir setzen uns kritisch mit den Bekenntnisgrundschulen in NRW auseinander. Es ist ausdrücklich nicht unser Anliegen, Religion und ihre Rolle in unserer Gesellschaft grundsätzlich in Frage zu stellen.

Streitgespräch über Bekenntnisschulen in der Kölner Kirchenzeitung

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„Man kann mitnichten davon sprechen, dass kirchliche Regeln an öffentlichen Schulen gelten. Die Regeln dort sind nicht von der Kirche gemacht, sondern vom Staat.“ (Andrea Gersch, erzbischöfliche Schulrätin)

Am 5.12.2014 wurde Max Ehlers in die Räume der Kölner Kirchenzeitung eingeladen, um für die Initiative „Kurze Beine – kurze Wege“ ein Streitgespräch mit der Erzbischöflichen Schulrätin Andrea Gersch zu führen. Das Gespräch ist hier dokumentiert: Pro und Contra: Sind Bekenntnisschulen noch zeitgemäß? (S. 4-5)

Elftes Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen

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Landtag NRWAm 17. Dezember wird im Landtag von Nordrhein-Westfalen ein Gesetzentwurf zu öffentlichen Bekenntnisschulen eingebracht und in erster Lesung beraten.

Die geplanten Änderungen sind schnell zusammengefasst:

1. In Ausnahmefällen dürfen „zur Sicherung des Unterrichts“ auch Lehrkräfte an Bekenntnisschulen unterrichten, die nicht dem Schulbekenntnis angehören. Ausdrücklich davon ausgenommen ist die Position der Schulleitung.

2. Das Umwandlungsverfahren wird deutlich erleichtert. Für die Einleitung des Verfahrens genügt es, wenn sich 10% aller Eltern dafür aussprechen (bisher 20%). Alternativ kann das Verfahren auch vom Schulträger eingeleitet werden. Außerdem wird das Umwandlungsquorum von bisher 67% auf 50% gesenkt.

Es ist erfreulich, dass die Umwandlung erleichtert wird. Dennoch stellt sich die Frage, ob eine solche halbherzige Reform in der Lage ist, die bestehenden Probleme zu lösen. Noch im Juni hatte der Münsteraner Verfassungsrechtler Prof. Dr. Hinnerk Wißmann im Landtag NRW dargelegt, dass alle staatlichen Schulen – also auch staatliche Bekenntnisschulen – unmittelbar an das Grundgesetz gebunden sind und verpflichtet sind, die individuelle Vielfalt von Schülerinnen und Schüler zu achten und zu fördern. Explizit hatte Wißmann dargelegt, dass es nicht haltbar sei, dass das Grundrecht auf Religionsunterricht im eigenen Bekenntnis und auf Abmeldung vom Religionsunterricht an dieser Schulart keine Geltung habe. In diesen Fragen hält der Gesetzentwurf keine Lösungen bereit.

PRESSESPIEGEL

Katholischer Gottesdienst als schulische Pflichtveranstaltung für alle Kinder?

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Richtigstellung vom 22.1.2015:

In unserem Artikel vom 17.11.2014 äußerten wir die Vermutung, dass das katholische Schulreferat für die Verschärfung des Schulprofils verantwortlich sei.  Heute wurden wir darauf hingewiesen, dass das „Katholische Schulreferat […] am Vorgehen der Schule in keiner Weise beteiligt“ gewesen sei. Vielmehr habe sich das Referat Anfang Januar 2015 bei der Schulleitung ausdrücklich für eine Beibehaltung der bisher geltenden Regelungen der als „Flächendeckenden KGS“ geführten Schule eingesetzt. Das Schulreferat gehe davon aus, dass Schülerinnen und Schüler an der besagten Schule auch weiterhin nicht zur Teilnahme an Religionsunterricht und Schulgottesdienst gezwungen würden.


Bonn, 17.11.2014

Eine Schule für alle Kinder im Ortsteil. Das war die „Katholische Grundschule Waldviertel“ (Name geändert) seit jeher. Sie ist die einzige Grundschule in dem bei Familien beliebten Ortsteil einer mittelgroßen Stadt in NRW. Zwar ist sie dem Namen nach eine konfessionelle Grundschule. Sie wurde aber mit ausdrücklicher offizieller Billigung der Kommune schon seit langem nicht wie eine konfessionelle Grundschule geführt. Bis zur Aufhebung der Schulbezirke stand sie allen Kindern der Nachbarschaft unabhängig von Religion und Bekenntnis offen: Neben dem katholischen Religionsunterricht gab es evangelischen Religionsunterricht, Kinder anderer Bekenntnisse und Religionen oder solche ohne Bekenntnis mussten nicht am Religionsunterricht teilnehmen. Es gab evangelische und katholische Gottesdienste für die jeweiligen Kinder. Die anderen Kinder kamen später oder wurden in der Schule betreut.

Jetzt will das katholische Schulreferat offenbar das religiöse Profil der Schule schärfen. Am Vorabend des letzten Schulgottesdienstes erhielten die Klassenpflegschaftsvertreter ein Schreiben, wonach alle Kinder, die nicht evangelisch seien, ab sofort verpflichtend in den katholischen Schulgottesdienst gehen müssten. Diese Regelung gelte für alle zukünftigen Schulgottesdienste.

Die Elternvertreter können das kaum glauben. Eine Anfrage beim Schulministerium trägt wenig zur Klärung der Angelegenheit bei.  In der Antwort heißt es: Weiterlesen

Quo vadis Bekenntnisschule? Diskussion mit Schulleitern im Erzbistum Köln

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Köln, 24.10.2014, Pädagogische Woche, Tag der Bekenntnisschulen im Erzbistum Köln

Tag der Bekenntnisschulen

Tag der Bekenntnisschulen im Erzbistum Köln

Warum ist es gerechtfertigt, dass ein großer Teil der staatlichen Grundschulen in NRW Bekenntnisschulen sind, und was genau macht eine katholische Schule aus? Das war die Grundfrage der Debatte im Kölner Maternushaus  (s. Bild vom Podium).

Als Kritiker der öffentlichen Bekenntnisschule hatte das Erzbistum Sigrid Beer (schulpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Landtag NRW) und Max Ehlers für die Initiative „Kurze Beine – kurze Wege“ auf das Podium eingeladen. Beide vertraten die Position, dass aufgrund der veränderten Zusammensetzung der Gesellschaft die konfessionell homogene Bekenntnisschule nicht mehr zeitgemäß und auch rechtlich nicht mehr tragbar sei, da dadurch an einem Drittel aller öffentlichen Grundschulen zentrale Leitlsätze des Grundgesetzes außer Kraft gesetzt sein. Eine Sicht, die vor kurzem auch auf einem Landtags-Symposium zum Verhältnis von Kirche und Staat vom Direktor des Lehrstuhls für Öffentliches Recht in Münster, Dr. Hinnerk Wißmann, vertreten wurde. Weiterlesen

2. Tag der Bekenntnisschulen im Erzbistum Köln

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Am Freitag, den 24.10.2014 findet der „2. Tag der Bekenntnisschulen für Schulleitungen von Bekenntnisschulen im Erzbistum Köln“ statt (siehe Programm).

Nachdem wir letztes Jahr noch Intransparenz angemahnt hatten und eine einseitige Diskussion befürchteten, freuen wir uns, dass dieses Jahr Max Ehlers für die Initiative „Kurze Beine – kurze Wege“ auf dem Podium sitzen wird. Weitere Teilnehmer der von Melanie Wielens (Domradio) moderierten Podiumsdiskussion sind Prälat Gerd Bachner (Leiter der Hauptabteilung Schule/Hochschule), Sigrid Beer MdL (Schulpolitische Sprecherin der Partei Bündnis 90/ Die Grünen), Andrea Honecker (Vorsitzende der Katholischen Elternschaft im Erzbistum Köln) und Ferdinand Claasen (Katholisches Büro NRW). Es handelt sich allerdings auch dieses Jahr wieder um eine geschlossene Veranstaltung, die sich ausschließlich an Rektoren und Rektorinnen katholischer Grundschulen richtet. Für Außenstehende ist eine Teilnahme nicht möglich. Weiterlesen

Versteckte Kosten staatlicher Bekenntnisgrundschulen

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Man sollte meinen, dass der Betrieb staatlicher Bekenntnisschulen den Staat nicht mehr und nicht weniger kostet als der von Gemeinschaftsschulen auch. Die Bezahlung der Lehrer ist identisch, die Ausstattung ist identisch, warum also sollten die Kosten anders sein?  Weiterlesen

Gute Gründe, gute Schulen umzuwandeln

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Klaus Kaiser (stellv. Vorsitzender CDU-Fraktionsvorsitzender), in einem WDR-Beitrag vom 24.9.2014:

„Die Konfessionsschulen sind Teil unserer Bildungslandschaft, sie haben sich bewährt und sie werden von Eltern sehr stark nachgefragt, weil sie eben erfolgreich sind, und es gibt keinen Grund, Konfessionsschulen in breiter Front abzuschaffen.“ 

Rolf Weißner (stellv. Vorsitzender CDU Werne), wa.de, 26.9.2014:

Rolf Weißner (CDU) appellierte an die Verwaltung, mit den Schulen das Gespräch zu suchen, damit diese sich in Gemeinschaftsgrundschulen umwandeln. Weißner: „Das christliche Weltbild kann man auch im Schulprogramm festlegen. Dafür brauchen wir keine Konfessionsschule.“

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