2017 entschied das Bundesverfassungsgericht in letzter Instanz eine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung anzunehmen. Ein muslimisches Kind war 2013 in Paderborn als einziges aus seinem Kindergarten nicht an der benachbarten katholischen Grundschule aufgenommen wurde. Die Eltern hatten sich geweigert, eine Verpflichtungserklärung zum Besuch des katholischen Religionsunterrichts zu unterschreiben. Der Fall ist detailliert hier beschrieben.
Bundesverfassungsgericht (1. Kammer), Beschluss vom 8.9.2017, 1 BvR 984/17 – Rn. (1-31)
„Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil sie unzulässig ist und daher keine Aussicht auf Erfolg hat.
Die Verfassungsbeschwerde zeigt die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung nicht in hinreichend substantiierter Weise auf.“
In der Sache hat das Gericht nicht entschieden, dass die Praxis in NRW mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Die Kammer ist der Sachentscheidung aus dem Weg gegangen, indem sie sich darauf verlegt hat, fehlende Ausführungen zur zulässigen Ausgestaltung der Bekenntnisschule zu rügen. Das ist insofern merkwürdig, da der Beschwerdeführer nicht infrage gestellt hat, dass es staatliche Bekenntnisschulen geben darf, sondern nur, dass die verpflichtende Teilnahme am Religionsunterricht dort nicht verlangt werden kann.
Die Verfassungsbeschwerde wurde 2018 veröffentlicht in:
Wißmann H. 2018. „Teilnahme am Religionsunterricht – Zugangsvoraussetzung in staatlichen Schulen? Zugleich ein Beitrag zur Praxis des Annahmeverfahrens nach § 93 a BVerfGG.“ Zeitschrift für evangelisches Kirchenrecht (ZevKr) 63: 209-224.
BVerfG 41,88, 17. Dezember 1975, Bevorzugung der Gemeinschaftsschule zulässig
In diesem Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht wurde die Verfassungsbeschwerde zweier CDU-Abgeordneter gegen die Schulreform in NRW von 1968 zurückgewiesen. Ihrer Ansicht nach begünstigte die Neufassung des Schulgesetzes die Gemeinschaftsschule gegenüber der Bekenntnisschule in unzulässiger Art und Weise. Die Beschwerdeführer lehnten eine Schule ab, „die durch weltanschaulichen Kompromiß und durch ‚Indifferentismus‘ geprägt sei“. Das BVerfG lehnte die Klage ab und stellte fest:
Die Gemeinschaftsschule gemäß Art. 12 der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen ist als Schulform mit dem Grundgesetz vereinbar. Sie führt Eltern und Kinder, die eine bekenntnisgebundene religiöse Erziehung wünschen, nicht in einen verfassungsrechtlich unzumutbaren Glaubenskonflikt und Gewissenskonflikt.
… Der Landesgesetzgeber hätte somit allein die Gemeinschaftsschule im Sinne des Art. 12 Abs. 6 LV als Pflichtschule einführen können, ohne dadurch die Grundrechte der Beschwerdeführer aus Art. 4 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 2 GG zu verletzen. Dann war es ihm aus der Sicht dieser Grundrechte auch nicht verwehrt, dieser Schulform neben der Bekenntnisschule eine bevorzugte Stellung einzuräumen.
In seinem Urteil erkennt das Gericht an, dass „die Gefahr bestehen mag, daß Eltern in dem – naturgemäß nicht geheimen – Anmeldeverfahren ihren wirklichen Willen nicht kundtun.“ Das Gericht deutet damit Zweifel an der heute oft vorgebrachten Argumentation an, dass bereits die Anmeldung an einer Bekenntnisschule als Zustimmung zur Schulart zu interpretieren sei.
BVerfGE 6, 309, 26. Mai 1957, Konkordatsurteil
Dieses Urteil stellte fest, dass keine Pflicht der Länder dem Bund gegenüber besteht, die Schulbestimmungen des Reichskonkordats von 1933 bei ihrer Gesetzgebung zu beachten.