Im Juni 2014 haben die NRW-Grünen auf ihrem Landesparteitag klar und einmütig Stellung bezogen: “Wir GRÜNE wollen, dass Kinder die nächstgelegene Grundschule besuchen können nach dem Prinzip ‘kurze Beine kurze Wege’“. Jetzt ist auch die SPD auf dem besten Weg, nachzuziehen. Gleich drei Anträge auf dem Landesparteitag der NRW-SPD am 27. September 2014 fordern die Umwandlung staatlicher Bekenntnisgrundschulen in Gemeinschaftsgrundschulen, die allen Kindern gleichermaßen offenstehen.
Das ist – anders als offenbar noch 2010 – alles andere als eine revolutionäre Forderung. Und es ist grundfalsch, sie als kirchen- oder religionsfeindliches Ansinnen darzustellen. Im Juli 2014 hatte im NRW-Landtag der Münsteraner Professor Dr. Hinnerk Wißmann aus verfassungsrechtlicher Perspektive erfreulich eindeutig dargelegt, dass öffentliche Bekenntnisschulen angesichts geänderter gesellschaftlicher Rahmenbedingungen und dem Verlust konfessioneller Homogenität einen Anachronismus darstellen, der dringend einer Reform bedarf, um dem Prinzip der Religionsfreiheit weiterhin gerecht zu werden. Selbst die Kirchen haben Anfang 2014 den Reformbedarf erkannt.
Die Antragskommission des SPD-Parteitags ist da offenbar noch nicht so weit wie die Kirchen. Sie empfiehlt – so wirkt es zumindest von außen – das Problem auf die lange Bank zu schieben: „2015 soll ein Landesparteirat die an ihn überwiesenen Anträge aus dem Bereich Bildung und Wissenschaft beraten.“
Wir fordern die SPD-Delegierten auf, klar für die Anträge zu stimmen, damit nach der grünen auch die SPD-Landtagsfraktion den eindeutigen Auftrag bekommt, schnell gesetzliche und sofern möglich verfassungsrechtliche Änderungen herbeizuführen.
Nachtrag:
Das katholische Domradio.de berichtet am 23.9.2014 über die Beratungen der SPD unter dem Titel „Teile der NRW-SPD sind gegen christliche Bekenntnisschulen. Abschied von der Katholischen Grundschule?“ Der Artikel endet so:
Mit dem Thema Bekenntnisschulen sind auch die rot-grünen Regierungsfraktionen von NRW befasst. Sie suchen eine einvernehmliche Lösung mit den Kirchen. Anträge haben sie aber bislang noch nicht vorgelegt.
Irritierend ist, was mit „Anträge“ in diesem Fall gemeint sein soll. Im Juni berichteten wir hier über eine Veranstaltung im Landtag zum Thema „Staat und Kirche in NRW“ und schrieben:
Sigrid Beer (Grüne) stellte unterstützt von Renate Hendricks (SPD) einen gemeinsamen und mit den Kirchen abgestimmten Gesetzentwurf vor. Danach soll die Umwandlung von Bekenntnisschulen in Gemeinschaftsschulen erheblich erleichtert werden und Kommunen ein Initiativrecht für die Umwandlung eingeräumt werden. Der Gesetzentwurf wird im Moment in den Fraktionen diskutiert und soll im Juli im Landtag eingebracht werden.
Es gab also einen Gesetzentwurf, der aufgrund des intensiven Abstimmungsprozesses auch den Vertretern der katholischen und evangelischen Kirche vorgelegen haben muss, allerdings entgegen der Ankündigung bislang nicht in den Landtag eingebracht wurde.
Weitere Berichterstattung
wdr.de, 24.9.2014, Ende der Bekenntnis-Schulen? Berichterstattung erfolgte auch im WDR-Fernsehen in der Aktuelle Stunde und WDR aktuell
DerWesten.de, 24,9,2014, Konfessions-Schulen in NRW auf der Kippe
Domradio.de, 23.9.2014, Abschied von der Katholischen Grundschule?
Hallo,
es freut mich, dass immer mehr die Initiative dazu ergreifen, die Bekenntnisschulen abzuschaffen. Es gibt wieder neuere Tendenzen, dass muslimische Kinder, die an einer Bekenntnisschule sind, da es am Ort nichts anderes gibt, gezwungen werden am katholischen Religionsunterricht teilzunehmen. Die Lehrerinnen müssen ihnen sogar Noten geben. Wenn die Eltern das nicht wollen, müssen sie die Schule verlassen und die nächstgelegene Dorfschule – 10 km entfernt – besuchen, die eine Gemeinschaftsschule ist.
Hallo,
als entschiedene Anhängerin einer Schule für alle, begrüße ich eine Umwandlung von Bekenntnis- in Gemeinschaftsschulen ausdrücklich. Dabei sollte man aber auch ein Augenmerk auf die vielen Neugründungen von türkischen Schulen legen und ganz besonders solche Anträge für Grundschulen abschlägig bescheiden. Das hat nichts mit Benachteiligung und Ablehnung von Mitbürgern türkischer Herkunft zu tun, sondern ich denke, man sollte die Chance einer gemeinsamen Beschulung nicht vertun.