Von der Schulpolitik in NRW und nichtkatholischen „Laufkindern“ in Siegen

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Wer hat Angst vor’m schwarzen Mann? Niemand!
Und wenn er aber kommt? Dann laufen wir davon!

Die NRW-Landespolitik macht es Kommunen und Eltern im Grundschulbereich nicht leicht. Oder, wie es der bundesweit tätige und aufs Schulrecht spezialisierte Rechtsanwalt Andreas Zoller ohne diplomatische Zurückhaltung formuliert:

„Salopp könnte man sagen, daß die Schulwahl in NRW sich so ziemlich alle Probleme aufhalst, die insgesamt denkbar sind:
Im Grundschulbereich wurden zwischenzeitlich die Schulbezirke aufgehoben, so daß sich bereits im Bereich der Einschulung mitunter kuriose Aufnahmekapazitätsrechtsstreite abspielen. […] Die Neuregelung ist deutlich mißlungen und zementiert die Mentalität der Schulen, potentiell mißliebige Schüler abzuweisen und die der Schulbehörden, sich bei Problemfällen herauszuhalten.

Weiter führt Zoller zum Thema Aufnahmekapazitäten aus:

„Das Hauptproblem liegt darin, daß dann, wenn Schülerströme nicht durch Schulbezirke oder Schuleinzugsbereiche gelenkt werden, diese oftmals sich auf eine oder wenige Schulen fokussieren. Zum Problem wird dies dann, wenn Aufnahmekapazitäten nicht zur Aufnahme aller Schüler ausreichen.“

In Zeiten zurückgehender Schülerzahlen müssen vielfach Grundschulen zusammengelegt oder geschlossen werden, was durch die unterschiedlichen Schularten oftmals zu Konflikten führt. Hinzu kommt ein wachsender Anteil religionsfrei oder muslimisch aufwachsender Kinder, so dass schnell der Eindruck der Benachteiligung bestimmter Gruppen im Raum steht.

Eine schöne Illustration für die oben beschriebenen Probleme findet sich in Siegen, wo die Stadt über kreative Lösungen für den Umgang mit unterschiedlich beliebten Grundschulen nachdenkt, wie Der Westen berichtet:

Die auf zwei Züge festgelegte katholische Schule platzt aus allen Nähten, während in der größten Schule in der Stadtmitte Leerstände drohen. Andererseits ist die katholische Grundschule Angebotsschule für das ganze Stadtgebiet und kann Kinder von überall aufnehmen.

Dem könnte die Stadt nur „entgegensteuern“, wenn die politischen Gremien für die Bekenntnisschule auf dem Dörnberg die Einzügigkeit festlegen würden.

Dann würden wirklich nur die katholischen Kinder dort aufgenommen werden, die derzeit schon eine Minderheit unter den Neuanmeldungen für die Bekenntnisschule sind. „Laufkindern“ aus der näheren Umgebung, die nicht katholisch sind, und Geschwisterkindern bliebe das Angebot erhalten.

[…] Dass an der Gemeinschaftsgrundschule Kreuztal durch Festlegung der Zügigkeit das Integrationsproblem gelöst werde, stellte Bürgermeister Kiß in Abrede. Das könne nur ein indirekter Effekt sein. Denn letztlich liege dies am Elternwillen. Dazu hatte ein Kreuztaler Vater „mit Migrationshintergrund“ eine eindeutige Meinung: „Niemand kann erwarten, dass Ausländer sich integrieren, wenn die Gastgeber sich von den Gästen entfernen.“ Er appellierte an anwesende Eltern, ihre Kinder an der Gemeinschaftsgrundschule anzumelden.
Der Westen, Ausgabe Siegen, 22.9.2011, Schuldiskussion kommt in Fahrt

Wir wüssten gerne, wo im Schulgesetz eigentlich der Passus von den Laufkindern zu finden ist.

Respekt, Herr Feyen! Ein Schulleiter setzt sich für die Umwandlung seiner KGS ein

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In Emmerich setzt sich der Leiter einer katholischen Bekenntnisgrundschule für die Umwandlung der Schule in eine Gemeinschaftsgrundschule ein. Nicht etwa, weil er vom katholischen Glauben abgefallen ist, sondern weil er überzeugt ist, dass dies für seine Schule mit über 40% nichtkatholischen Schülerinnen und Schülern die geeignetere Schulart wäre.

Heribert Feyen, seit elf Jahren Rektor der katholischen Liebfrauen-Grundschule, wirbt unverdrossen für Information, Transparenz und Toleranz an seiner Schule. Der Vrasselter sieht sich in der Rolle des Einzelkämpfers. Im Grunde geht es ihm um die Zukunft seiner Schule in einer veränderten Welt. Eine gedeihliche Zukunft für alle sieht er eher als städtische Gemeinschafts-Grundschule gewährleistet.

[…] Und so wiederholt Feyen gebetsmühlenartig sein Credo: „Es gibt keine Nachteile für die Schule, weder in finanzieller, organisatorischer oder ideeller Hinsicht.“ Sodann listet er einige Pluspunkte einer Gemeinschaftsschule auf, die in seinen Augen für alle von Segen wären:
„Weiterhin Schulgottesdienste, Kontaktstunden, Beten, katholischer und evangelischer Religionsunterricht.“
„Bessere Möglichkeiten, Lehrer einzustellen und Leitungsstellen zu besetzen.“
Der Westen, Emmerich, 20.9.2011, Den lieben Gott nicht vertreiben, siehe auch Rheinische Post, 21.9.2011, Katholisch: 65 Eltern dagegen

Klare Worte eines Schulleiters in Emmerich, der offenbar daran verzweifelt, dass er nicht die Lehrkräfte einstellen darf, die dafür am besten geeignet sind. Im Juli 2011 schrieb Feyen einen Brief an die Eltern seiner Schule, als bewährte Lehrerinnen nicht zum Bewerbungsverfahren für eine offene Stelle zugelassen wurden, wie die rheinische Post berichtet:

„Für diese Stelle hätten sich auch gerne junge Kolleginnen aus unserem Lehrpersonal beworben, die bisher als Vertretungslehrer tätig waren“, schreibt Feyen. „Sie waren aber am Bewerbungsverfahren nicht zugelassen, weil nur Menschen katholischen Bekenntnisses sich an unserer katholischen Grundschule bewerben können.“

Ärgerlich, weil so personelle Kontinuität verhindert worden ist. Und: Früher wurden die Lehrer durch das Emmericher Schulamt zugewiesen, schreibt Feyen. Da ging es weniger streng zu. An der Liebfrauenschule gibt es nämlich auch evangelische Lehrer.

Feyen hat den Eltern aus diesem Anlass die Daten von seiner Schule mitgeteilt.

268 Kinder aus 21 Nationen besuchen die Schule.
157 von ihnen sind katholisch.
46 sind evangelisch.
65 Kinder haben ein anderes religiöses Bekenntnis oder gehören keiner Glaubensgemeinschaft an.

Die Eltern haben es in der Hand, den Zusatz der Bekenntnisschule zu streichen. Ein Fünftel der Eltern müsste einen schriftlichen Antrag stellen, anschließend gäbe es eine Abstimmung: Würden mehr als zwei Drittel der Änderung zustimmen, wäre sie beschlossen.

Feyen äußert in seinem Brief Sympathie für die Idee. Er sieht angesichts der Zahlen eine veränderte Lage an seiner Schule. Denn dort gibt es keinen evangelischen Religionsunterricht, auch keinen Religionsunterricht für die Kinder mit anderem Bekenntnis. Obwohl beinahe die Hälfte der Kinder nicht katholisch sind.

Würde aus der Liebfrauenschule eine Gemeinschaftsschule, wäre dies anders. Und es gäbe keine Probleme mehr bei der Besetzung von Lehrerstellen.

siehe: RP Online, 14.7.2011, Emmerich: Wie lange noch katholisch?

Dem ist nichts hinzuzufügen. Außer vielleicht, dass die Verwaltungspraxis mit Sicherheit nicht der Intention der Verfassungsväter entspricht. Der Gesetzgeber (also der Landtag NRW) ist dringend aufgerufen, das Schulgesetz an die gesellschaftliche Realität in Nordrhein-Westfalen anzupassen.

Sie können diese Forderung unterstützen, indem Sie unsere Petition unterzeichnen!


Ein Tag später – klar, dass der katholische Stadtpfarrer am folgenden Tag seine Gegenerklärung lanciert:

Peter Kossen: „Ich glaube nicht, dass für die Kinder mit einem anderen Bekenntnis ein Nachteil entsteht. Ein profiliertes Angebot an einer Schule sehe ich im Gegenteil eher als Vorteil an. Das ragt aus den anderen Angeboten möglicherweise heraus.“

[…] Anlass für den Brief von Feyen könnte gewesen sein, dass die Besetzung einer Stelle mit Vertretungslehrern, die an der Schule zeitweise eingesetzt waren, scheiterte. Der Grund: Sie waren nicht katholisch. Was aber Voraussetzung an einer Bekenntnisschule ist.

Früher hatte das Emmericher Schulamt auch evangelische Lehrer zugewiesen. Sie arbeiten heute noch dort. Seit es vom Land die sogenannte „schulscharfe Ausschreibung“ gibt, ist das so nicht mehr möglich. Kandidaten können sich direkt für eine Schule bewerben und werden nicht mehr zugewiesen. Das kann ein Vorteil sein, bedeutet in diesem Fall allerdings, dass die Bedingungen nicht erfüllt sind, wenn ein Kandidat beispielsweise evangelisch ist.
RP Online, 15.7.2011, Kossen: Liebfrauen sollte so bleiben

Auf das Problem der Stellenbesetzung durch qualifizierte, aber bekenntnisfremde Lehrkräfte geht der Pfarrer allerdings nicht ein.


Auch die Schulpflegschaft bekennt sich zur Bekenntnisschule und sieht keinen Änderungsbedarf. Interessant am Rande, dass der Zeitungsartikel darauf hinweist, dass die Schulpflegschaft bald neu gewählt wird. Noch interessanter, dass der Artikel darauf hinweist, dass durch das offenbar neue Prinzip der „schulscharfen Ausschreibungen“ das Konfessionskriterium verbindlich geworden ist, während den Schulen zuvor auch bekenntnisfremde Lehrkräfte zugewiesen wurden.

Verständnis für Feyen hat Hans-Hermann Buyken. Er ist Schulrat für die Grundschulen im Kreis: „Auch eine Gemeinschaftsschule kann christliche Grundsätze aufnehmen. Da würde sich nichts ändern. Herr Feyen denkt an die Zukunft, wenn gutes Personal vielleicht nicht eingestellt werden kann, weil die Leute nicht katholisch sind. Früher wurden die Lehrer vom Schulamt an die Schule geschickt. Auch wenn sie evangelisch waren. Heute werden die Stellen ausgeschrieben. Und da ist eine Voraussetzung die Konfession.“
RP Online, 18.7.2010, „Wir wollen, dass es so bleibt“


UPDATE DEZEMBER 2011

RP Online, 24.12.2011, Feyen warnt vor Nein:

„Ich möchte als Schulleiter keine Kinder bei der Anmeldung ablehnen müssen, weil sie nicht katholisch sind, wohl aber in der Nähe unserer Schule wohnen“, so Feyen.

Der Hintergrund: Die Liebfrauenschule ist bei Eltern stark nachgefragt. Die Politik überlegt eine Beschränkung der Schülerzahl an Liebfrauen, um andere Grundschulen zu sichern. Die Folge wäre dann, dass der Platz für nicht-katholische Kinder knapp werden könnte.

Da genug Eltern einen Antrag gestellt haben, die Schule umzuwandeln, wird im Januar abgestimmt. Als Begründung Feyens wird angeführt:

Die Entscheidung der Eltern könne mehr Möglichkeiten bei der Auswahl von Fachpersonal bedeuten, mehr Stützung in der unterschiedlichen religiösen Ausbildung der Kinder und nicht zuletzt auch zu einem noch besseren, toleranteren Miteinander beitragen.
Der Westen, 27.12.2011, Pro und Contra werden abgewogen

Gelassen gibt sich auch die katholische Kirche vor Ort:

[Pastoralreferent Michael Beermann] glaubt, dass eine Abkehr der Schule vom Bekenntnis für die Schüler kein umwälzendes Ereignis wäre. „Auch in einer katholischen Bekenntnisschule wird nicht permanent das ,Vater unser‘ gebetet. Es würde keinen anderen Unterricht geben als vorher“, machte er klar. „Entscheidend ist der Geist an einer Schule.“ […] Es müssten wirklich mindestens zwei Drittel aller Eltern für die Veränderung sein und auch zur Wahl gehen. „Das ist doch eine recht hohe Hürde“, meint Pastoralreferent Beermann.
Der Westen, 10.12.2011, Kirche: Geist der Liebfrauenschule bleibt

siehe auch Der Westen, 6.12.2011, Eltern werden über Schule abstimmen

Bekenntnisschulen in Niedersachsen mit Quorum

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In Niedersachsen gibt es, anders als in NRW, ein Quorum: Höchstens 20% der Schülerinnen und Schüler einer Bekenntnisschule dürfen nicht dem Schulbekenntnis angehören. Gälte diese Regelung in Nordrhein-Westfalen, gäbe es nur noch einen Bruchteil der jetzt ca. 1.100 öffentlichen Konfessionsgrundschulen (Zahlen und Statistisches). Was aber, wenn der Anteil katholischer Kinder nicht ausreicht, um die Schule nach der gesetzlichen Regelung als Bekenntnisschule weiterzuführen? Das naheliegende tun und die Schule in eine normale Grundschule umwandeln? Eine Ausnahmegenehmigung beantragen?  Das Land Niedersachsen entscheidet sich für: Das Quorum erhöhen!

Derzeit darf die katholische Bekenntnisschule lediglich 20% nichtkatholische Kinder aufnehmen. Das Land Niedersachsen erhöht die Grenze mit Wirkung vom 01.08.2011 auf 30%.

Webseite der Stadt Nordhorn: Einschulung an die Grundschule Marienschule zum Schuljahr 2012/2013 steht nicht in Frage

In Sudheim wollte man nun jedoch eine katholische Bekenntnisschule einrichten, obwohl absehbar weniger als 70% der Schüler/innen katholisch sein würden. Das ging also nicht. Um eine kreative Lösung war man dennoch nicht verlegen:

„Die Stadt Northeim und das Kultusministerium einigten sich stattdessen darauf, dass die Einrichtung eine Gemeinschaftsgrundschule werden soll, die sich ein katholisches Profil geben kann.“
(HNA.de, 17.11.2011, Sudheimer Schule wird keine katholische Bekenntnisschule) .

Anmeldung zur Grundschule für Erstklässler in 2012/13

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In den kommenden Monaten werden wieder hunderttausende Kinder für das kommende Schuljahr an der Grundschule angemeldet. Wie andere Kommunen auch informiert Lippstadt über die Anmeldemodalitäten für Erstklässler zum neuen Schuljahr. Im Abschnitt „Wahl der Schule“ heißt es:

Grundsätzlich können die Erziehungsberechtigten die Grundschule, die ihr Kind besuchen soll, frei wählen. Jedes Kind hat jedoch einen Anspruch, in die nächstgelegene Schule aufgenommen zu werden.

Das klingt eindeutig.

Je nachdem, ob die Erziehungsberechtigten eine Gemeinschafts- oder eine Bekenntnisschule für ihr Kind auswählen, besteht der Anspruch im Rahmen der Aufnahmekapazitäten.

Aha, doch nicht so eindeutig.

Sind noch Plätze frei, können die Schulen auch weitere Kinder aufnehmen, die keinen Anspruch haben. Sind mehr Anmeldungen erfolgt, als Plätze vorhanden sind, führt die betroffene Schule ein Aufnahmeverfahren durch, bei dem Kriterien wie Länge des Schulweges, Konfession (nur bei Bekenntnisschulen) oder Schulbesuch der Geschwister berücksichtigt werden.

Alles klar? Wir verweisen auch in diesem Jahr auf zweierlei:

1. eine Ablehnung aufgrund der falschen Konfession kann angefochten werden (s. Artikel „Kölner Rechtsanwaltskanzlei: Schulablehnungen gerichtlich anfechtbar„).

2. Bei der Anmeldung an einer Bekenntnisschule müssen die Eltern in der Regel eine “Erklärung zum Schulbesuch in der konfessionellen Schule” unterschreiben. Diese Erklärung wirkt für Kinder, die nicht im Schulbekenntnis getauft sind, wie eine religiöse Tarnkappe: sie müssen bei der Aufnahmeentscheidung mit Bekenntniskindern gleichgestellt werden (s. Stellungnahme des Schulministeriums als Antwort auf unsere Petition). Es gilt zweierlei zu beachten: Teilweise wird argumentiert, dass die Erziehungsberechtigten durch diese Unterschrift das im Grundgesetz (Art. 7 Abs. 2) verbriefte Recht verwirken, das Kind nicht am Religionsunterricht teilnehmen zu lassen (s. Artikel zum Fall Zeynep in Mönchengladbach).  Uns wurde aber auch von Fällen berichtet, wo die Schulen von dieser Gleichstellung nichts wussten bzw. sie nicht akzeptieren wollten (s. in Köln ticken die Uhren anders). In diesem Fall sollte man sich an das städtische Schulamt oder die Bezirksregierung wenden.

MGS als Sonderform der EGS?

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In Euskirchen (NRW) will eine mennonitische Gemeinde eine neue Grundschule errichten:

[…] Wie Jakob Bergen berichtete, haben die Mennoniten erneut einen Antrag auf Erlaubnis zur Gründung einer Grundschule gestellt. 2008 waren sie damit gescheitert. Die Bezirksregierung argumentierte, in Euskirchen existiere bereits eine öffentliche evangelische Bekenntnisschule. „Wir sind aber eine andere Art von Glaubensgemeinschaft und meinen, dass uns eine Grundschule zusteht“, so Bergen. „Grund- und Realschule, also die Jahrgänge eins bis zehn, könnten wir einzügig unter einem Dach unterbringen. Der Platz dafür ist da.“

s. ksta.de, 7.9.2011, Mennoniten nun in der Gertrudisschule

Reaktionen auf den Fall Zeynep in Mönchengladbach

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In Mönchengladbach soll ein Mädchen von der Öffentlichen Evangelischen Grundschule verwiesen werden, weil die Eltern es vom Religionsunterricht abgemeldet haben (wir berichteten, siehe auch den Artikel Schulverweis oder Religionsunterricht, aus Die Zeit Online, 20.7.2011, allein im dortigen Forum gab es 685 Kommentare). Der Fall schlägt Wellen, es gibt zahlreiche Reaktionen, in NRW und weit darüber hinaus.

Zeitungsartikel in Mönchengladbach und Region

  • Der Westen, 23.7.2011, Muslimisches Mädchen wird von evangelischer Grundschule geworfen
    „Mittlerweile hätten sich bereits 15 andere muslimische Familien gemeldet, so der Vorsitzende des Vereins, die ihre Kinder auch vom Religionsunterricht befreien lassen wollten.“
    Bemerkung am Rande: Der Moderator der Kommentarfunktion hatte gut zu tun. 30 von 53 Kommentaren zum Artikel wurden blockiert. Einige der verbliebenen Kommentare lassen die Vermutung zu, dass die Grenzen noch nicht einmal eng gesteckt waren. 
  • RP Online vom 27.07.2011, „Schule: Abmeldeflut in Religion?
    „Seit ein paar Jahren stellen Ulus und seine Mitstreiter im Verein Veränderungen fest: Seit die Schulen ein Schulprofil erstellen müssen, legen viele Bekenntnisschulen wieder gesteigerten Wert auf ihre christliche Ausrichtung. […] In Mönchengladbach sind fast die Hälfte aller Grundschulen Bekenntnisschulen. Würden alle Kinder mit Migrationshintergrund an Gemeinschaftsgrundschulen angemeldet, dann gäbe es dort einen Migrantenanteil von 60 bis 70 Prozent“, sagt Ulus.“
  • RP Online vom 27.07.2011, „Fach Religion: Türken werben für Abmeldung
    „Eine Abmeldung vom Religionsunterricht von Bekenntnisschulen ist rechtlich möglich, sagt eine Sprecherin des Schulministeriums. In diesem Fall müsse die Schule ihre Aufsichtspflicht wahren und für eine Betreuung sorgen.“
  • RP Online vom 28.07.2011, „Religionsunterricht ist nicht gefährlich“
    Toleranz ist für Regionaldekan Clancett wichtig, „aber wenn ich mein Kind an einer konfessionellen Schule anmelde, dann sehe ich auch das Schild an der Tür und erkenne die Ausrichtung“. Das gelte nicht nur für Bekenntnisschulen. „Ich würde mein Kind auch nicht an einem Sportgymnasium anmelden, wenn es völlig unsportlich ist.“
  • RP Online, 29.07.2011, Muslime können von „Reli“ befreit werden
    „Ministeriums-Sprecherin Barbara Löcherbach bekräftigte auf RP-Nachfrage, dass die laut Landesverfassung (Art. 14) und Schulgesetz (§ 31 Abs. 6) mögliche Befreiung vom Religionsunterricht auch für konfessionelle Grundschulen gelte.“

Evangelische Kirche

Endlich äußert sich auch die Evangelische Kirche, die bisher zu dem Themenkomplex schwieg (RP online, 11.8.2011, „Bekenntnisschulen haben klares Profil„). Oberkirchenrat Klaus Eberl erklärt:

„Wer auf der einen Seite eine konfessionelle Schule wählt und diese konfessionelle Erziehung auf der anderen Seite ablehnt, verhält sich nicht konsequent.“ Als Alternative hätten die Eltern eine der 22 Gemeinschaftsgrundschulen in der Stadt wählen können.

Uns würde interessieren, wieviele evangelische Pfarrer so konsequent sind, ihren Kindern lieber 3 km Schulweg zuzumuten, als sie bei der katholischen Bekenntnisschule um die Ecke anzumelden.

Humanistisch-atheistische Reaktionen

Reaktionen aus der Landespolitik und dem Schulministerium

Schulministerin Sylvia Löhrmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) stellte sich hinter die Entscheidung der Schulaufsicht (s. ead.de: Deutschland: Muslima von evangelischer Schule verwiesen). Am 6.12.2011 nahm sie auf abgeordnetenwatch selbst Stellung und bekräftigte, dass in diesem Fall eine Befreiung vom Religionsunterricht nicht erfolgen durfte und der Schulverweis rechtens ist: http://www.abgeordnetenwatch.de/sylvia_loehrmann-231-40135–f299936.html#q299936.

Eine Ministeriums-Sprecherin dagegen wird am 29.7.2011 in RP Online (Hilden: Muslime können von Reli befreit werden) wie folgt zitiert:

„Ministeriums-Sprecherin Barbara Löcherbach bekräftigte auf RP-Nachfrage, dass die laut Landesverfassung (Art. 14) und Schulgesetz (§ 31 Abs. 6) mögliche Befreiung vom Religionsunterricht auch für konfessionelle Grundschulen gelte.“

Die Fraktion der LINKEN im Landtag von NRW nimmt den Fall zum Anlass, eine „Kleine Anfrage an die Landesregierung“ zu stellen:

„Mit unserer Anfrage wollen wir auch erfahren, ob so etwas in Nordrhein-Westfalen schon öfter vorgekommen ist, ohne dass die breite Öffentlichkeit davon erfahren hat. Wenn diese Diskriminierung kein Einzelfall ist, ist die Landesregierung dringend zum Handeln aufgefordert. Auch sind wir sehr gespannt auf die Rolle des Schulministeriums in diesem Fall.“ (s. http://www.linksfraktion-nrw.de/nc/presse/aktuell/detail/artikel/linke-fragt-warum-musste-zeynep-die-schule-verlassen/)

Am 20.9.2011 erklärt die Landesregierung in ihrer offiziellen Antwort, dass die Schulleitung ihrer Ansicht nach in diesem Fall befugt ist, „ihre Aufnahmeentscheidung zurückzunehmen“.

Türkisch-deutsche Community

Zeyneps Schulverweis ist ein Skandal (SABAH AVRUPA – Die Türkische Tageszeitung)

Ausländische Medien

Das niederländische „Reformatorisch Dagblad“ veröffentlichte am 4.8.2011 einen Artikel mit dem Titel Duitse protestantse school stuurt moslimmeisje weg, der auf einer Meldung der deutschen evangelikalen Nachrichtenagentur idea (s. unten, weitere Informationen) beruht.

Blogs und Online-Foren

Stellvertretend für das rechte Spektrum sei hier die Reaktion eines Nutzers genannt, der schreibt (auf eine Verlinkung verzichten wir aus naheliegenden Gründen):

„Wenn die Eltern mit ihrer Klage durchkommen, werden in kürzester Zeit alle christlichen Konfessionsschulen moslemisch unterwandert und unbrauchbar sein.“

Bemüht diplomatischer ist der Blogeintrag mit dem Titel „Was sich Muslime in Deutschland einbilden…„. Der Autor Thomas Schneider, auf dessen Webseiten auch für die rechtsnationale Publikation „Junge Freiheit“ geworben wird, täuscht sich allerdings, wenn er davon ausgeht, es handle sich um eine Schule in kirchlicher Trägerschaft. Schneider war bis vor kurzem Leiter der idea-Geschäftsstelle Ost (idea ist eine evangelikale Nachrichtenagentur, die sich in der Vergangenheit mit dem Vorwurf rechtsextremer Tendenzen auseinandersetzen musste).

Auf dem Blog Sägefisch: Pädagogische Islamkritik findet sich eine Petition der Sozialpädagogen Edward von Roy und Gabi Schmidt an den Landtag NRW. Sie schreiben:

„Eine gewünschte Nichtteilnahme am Religionsunterricht begründet auch an einer konfessionellen Schule keinen Schulverweis. […] Falls die Evangelische Grundschule Pahlkestraße einen christlich zu nennenden zwischenmenschlichen Umgang kultiviert, wird dieser sich in der Begegnung der Lehrerkollegen untereinander und vor allem im Umgang des Lehrers mit dem Schüler und dessen Eltern ohnehin zeigen, eines religionskundlichen oder gar bekennenden Religionsunterrichts mit Teilnahmepflicht für nichtchristlich sozialisierte Kinder bedarf es zum realisierten christlichen Schulprofil nicht.“

Kontrovers diskutiert wird das Thema auch im juristischen „Forum Deutsches Recht“: http://www.recht.de/phpbb/viewtopic.php?t=218544

Hoberge: Umwandlung in EGS als Mittel zum Zweck des Erhalts einer Schule

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Sieh einer an. Manchmal wird auch umgekehrt umgewandelt, weil Bekenntnisschulen kleiner sein dürfen als Gemeinschaftsgrundschulen und der Status einer Bekenntnisschule hilft, eine Schule vor Ort zu erhalten. Auch hier scheint der Religionsgedanke im wesentlichen Mittel zum Zweck zu sein. Wir kritisieren nicht, dass Eltern und Schulen alles versuchen, um ihre Schule vor Ort zu erhalten, andernfalls wäre der Name der Initiative falsch gewählt.  Aber wir fordern gleiche Rechte für alle Lehrkräfte und Schüler/innen im öffentlichen Schulsystem. Ganz offensichtlich sind in NRW konfessionelle Schulen in vieler Hinsicht privilegiert. Die Landesverfassung sieht zwar Bekenntnisschulen vor, und es ist nicht an uns, an diesem Status zu rütteln. Aber wir können nicht akzeptieren, dass der vom Grundgesetz garantierte Schutz der Religionsfreiheit von der Verwaltung in NRW einseitig so ausgelegt wird, dass selektiv Religionsgemeinschaften faktisch auf Kosten aller Steuerzahler privilegiert werden. Es geht der Initiative nicht darum, religiöse Überzeugungen in Frage zu stellen – aber das Bekenntnisprivileg darf in einem öffentlichen Schulsystem im 21. Jahrhundert nicht mehr so interpretiert werden. Sagt übrigens auch die Landesverfassung in Art. 8 Abs. 1: „[…] Die staatliche Gemeinschaft hat Sorge zu tragen, daß das Schulwesen den kulturellen und sozialen Bedürfnissen des Landes entspricht.“

Zum Thema:

„Die Grundschule Hoberge wird eine evangelische Bekenntnisschule. Die Eltern haben mit großer Mehrheit für die Umwandlung der Schule gestimmt. 89 sprachen sich dafür und nur vier dagegen aus. Damit ist die letzte Hürde genommen. Der Rest ist nur noch eine Formalie. Damit kann die Grundschule nicht mehr von der Stadt geschlossen werden.“
Radio Bielefeld, 14.7.2011, Eltern für Bekenntnisschule Hoberge

Zum Hintergrund aus einem früheren Artikel:

„Für Bekenntnisschulen gelten nicht die Richtgrößen für Grundschulen, wonach im Idealfall 196 Kinder in acht Jahrgangsklassen unterrichtet werden sollen. Die Grundschule Hoberge könnte als kleinere Einheit weitergeführt werden, wäre auch bei der Debatte über Schulschließungen in Bielefeld »außen vor«.“
Westfalen-Blatt, 4.2.2011, Hoberge: Umwandlung in Bekenntnisschule


zum Thema Schulschließungen in Bielefeld (Stadtelternrat, 9.5.2011): Bis zu vier Grundschulen sollen schließen


UPDATE DEZEMBER 2011

Umwandlung schützt vor Schließung nicht – zumindest berichtet das die nw-news.de am 9.12.2011 im Artikel „Kleine Klassen, große Klassen„:

Krisengebiet bleibt Dornberg: Die Grundschule Hoberge-Uerentrup, gerade erst zur evangelischen Bekenntnisschule gewandelt, hat 16 angemeldete Kinder, darunter ein vorgezogenes im Alter von vier Jahren und ein Kind mit Schwerstmehrfachbehinderungen. Gilt bei anderen Grundschulen die Zahl 18 als Untergrenze für eine Eingangsklasse, ist es an Bekenntnisschulen die 15 – Hoberge liegt also mit einem Kind drüber. Bisher galt vor Ort immer das Argument, dass die Grundschule ja mit Klassengrößen um die 25 vollkommen im guten Mittel liege, das scheint nun gefährdet.

Kaarst: Schulbus nur noch für katholische Kinder

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Sachen gibt’s. Da muss eine Kommune Geld sparen, entdeckt dabei die Schulbusse und plötzlich fahren diese nur noch für katholische Kinder? Die Zusammenhänge sind sicherlich komplexer, aber dieser Artikel aus der Neuss-Grevenbroicher Zeitung gibt einen deutlichen Hinweis darauf, dass die Dreiteilung in Gemeinschaftsgrundschulen, katholische und evangelische Bekenntnisschulen und Weltanschauungsschulen die Steuerzahler in Nordrhein-Westfalen richtig viel Geld kostet.

„Um Geld zu sparen, hat der Rat im Dezember vergangenen Jahres entschieden, dass der Schulbusspezialverkehr neu ausgeschrieben wird und künftig nur noch Kindern mit Anspruch auf Fahrtkostenübernahme zugutekommt. Das bedeutet, sie wohnen mindestens zwei Kilometer von der nächstgelegenen Schule entfernt oder sie besuchen aufgrund ihres religiösen Bekenntnisses die katholische Grundschule. Im diesem Fall ergibt sich der Anspruch, weil es in Kaarst nur eine katholische Bekenntnisschule gibt.

Allein für rund 70 Kinder aus Driesch, Vorst und Holzbüttgen, die derzeit die Gemeinschaftsgrundschule an der Römerstraße besuchen, heißt das: kein Schulbus mehr, obwohl der für Schüler der katholischen Grundschule nach wie vor fährt. Das finden die betroffenen Eltern der GGS Büttgen ungerecht.“

NGZ Online, 14.7.2011, Kaarst: Eltern wollen privaten Schulbus

„300m vs. 3 km“ oder „Über Bekenntnishomogenität und Zwangskirchenbesuch in Mönchengladbach“

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In einem Schreiben von März 2010 erklärte uns ein Referent aus dem Schulministerium, dass sich aus der Landesverfassung „als prägender Gesichtspunkt in formeller Hinsicht [ergibt], dass eine Bekenntnisschule nach der Zusammensetzung des Lehrkörpers und der Schülerschaft grundsätzlich bekenntnishomogen ist.“ Das ist tatsächlich ein rein formales Kriterium – die allermeisten Schulen in NRW sind nämlich alles andere als bekenntnishomogen, wie ein Blick in die Schulstatistik zeigt: Danach gehören dem Schulbekenntnis an den katholischen Grundschulen des Landes durchschnittlich 59% der Kinder an, an Evangelischen Grundschulen gar nur 46% (s. Zahlen und Statistisches). Im gleichen Schreiben berichtete der Referent über die Anmeldesituation an den 20 Bonner KGS im Herbst 2009, wonach „keine Schule bekenntnishomogen zusammengesetzt [war]. An 14 der 18 katholischen Grundschulen überwog die Zahl der Anmeldungen von bekenntnisfremden oder bekenntnislosen Kindern.

Das Schulgesetz (§26 VII) regelt hierzu:

An einer Bekenntnisschule mit mehr als zwölf Schülerinnen und Schülern einer konfessionellen Minderheit ist eine Lehrerin oder ein Lehrer des Bekenntnisses der Minderheit einzustellen, die oder der Religionsunterricht erteilt und in anderen Fächern unterrichtet. Weitere Lehrerinnen und Lehrer des Bekenntnisses der Minderheit sind unter Berücksichtigung der Zahl der Schülerinnen und Schüler der Minderheit und der Gesamtschülerzahl der Schule einzustellen.

Wir gehen davon aus, dass die Regelung aus einer Zeit stammt, als noch fast alle Kinder christlich getauft waren und Familien für konfessionelle Erziehung im eigenen Bekenntnis gerne weitere Wege in Kauf genommen haben (siehe dazu Kirche und Politik in den 50er Jahren). Die Zeiten haben sich geändert – man wird nur noch wenige Schulen in NRW finden, wo nicht laut obigem Gesetz Religionsunterricht im abweichenden Bekenntnis erteilt werden müsste, oder auch islamkundlicher Unterricht bzw. Ethikunterricht für nichtreligiöse Kinder, sofern man den zugrundeliegenden Gedanken der gesetzlichen Regelung im Licht der heutigen Situation interpretiert. Allerdings kommt die Regelung nicht zum Tragen, statt dessen wird verlangt, dass Eltern eine Bekenntniserklärung unterschreiben, mit der sie sich dem Schulbekenntnis unterordnen. Tatsache ist: Die allermeisten Eltern wollen ihr i-Dötzchen heute unabhängig von Konfession und Religion auf die nächstgelegene öffentliche Schule schicken.

So auch in Mönchengladbach. Dort sind rund die Hälfte aller Grundschulen Bekenntnisschulen, fast alle katholisch. Für Kinder aus bekenntnislosen oder muslimischen Familien ist die Auswahl damit erheblich eingeschränkt, wenn sie sich nicht auf die Unterrichtung und Erziehung im Sinne eines christlichen Bekenntnisses einlassen wollen. Dennoch ist für die meisten Familien die Nähe zum Wohnort das entscheidende Kriterium. So entschied sich auch eine türkischstämmige Familie, ihr Kind an der wohnortnächsten Evangelischen Grundschule anzumelden. Die Familie war jedoch nicht einverstanden damit, dass das Kind verpflichtend an Religionsunterricht und Gottesdienst teilnehmen musste, und meldete ihre Tochter hiervon ab. Die Schule schrieb zurück, dass sie den Aufnahmebescheid infolgedessen aufhebe und das Kind sich eine andere Schule suchen solle. Für die Familie war dies nicht akzeptabel, sie wandte sich an einen Rechtsanwalt und klagte gegen die Entscheidung der Schule. Eine gerichtliche Klärung steht noch aus (Nachtrag: In der Zwischenzeit wurde das Verfahren ohne Entscheid in der Sache eingestellt).

Übrigens stellen muslimische Kinder an dieser Grundschule die größte Gruppe dar: Von den 287 Schüler/innen sind 26% muslimisch – und nur knapp 18% gehören als evangelisch getaufte Kinder dem Schulbekenntnis an. Nicht viel anders ist die Situation an zahlreichen weiteren Konfessionsschulen.

Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen interpretiert in einem Beschluss vom 9. Mai 2008 (4 L 1143/07) das Schulgesetz so, dass eine Schule ihren Bekenntnischarakter verliert, wenn mehr als ein Drittel der Schüler/innen nicht dem Bekenntnis angehören. Das ist in Mönchengladbach im Schuljahr 2010/11 an 13 von 20 Bekenntnisgrundschulen der Fall. Lediglich an 4 Bekenntnisschulen liegt der Anteil bekenntnisfremder Schüler unter 30%, an keiner einzigen unter 20% (siehe Konfessionelle Verteilung an Mönchengladbacher Bekenntnisschulen). Allerdings ergeben sich daraus keine unmittelbaren Konsequenzen, es gibt keinen Automatismus der Umwandlung.

s. auch Die Zeit Online, 20.7.2011, „Schulverweis oder Religionsunterricht

Zweiter Offener Brief an die Landesregierung in NRW

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Die Widersprüche rund um das Thema Öffentliche Bekenntnisschulen werden durch unseren Briefverkehr mit dem Schulministerium nicht weniger. Im Gegenteil, mit jedem Antwortschreiben aus dem Schulministerium wächst unser Unverständnis über die geltenden Regelungen und über die mangelnde Bereitschaft der Politik, sich mit den Problemen auseinanderzusetzen: Die verantwortlichen Politiker/innen beziehen nicht Stellung. Alle Schreiben wurden bislang ausschließlich von Referenten auf der Arbeitsebene der Verwaltung beantwortet – die uns auf die „staatskirchenrechtliche Ausgangslage“ hinweisen, wonach die Exekutive keinen Spielraum habe. Wir glauben nach wie vor, dass die Schulministerin als Teilnehmerin der Gespräche über den Schulfrieden in NRW eine geeignete Ansprechpartnerin ist.

Dennoch sind die Antworten interessant: Tatsächlich tun sich zahlreiche Widersprüche auf, die darauf hindeuten, dass die gesetzliche Regelung alles andere als eindeutig ist, und dass die Verwaltung effektiv durch Erlasse und Verordnungen Recht setzt – was ihr nicht zusteht.

In unserem 2. offenen Brief fordern wir die Landesregierung daher erneut auf, dafür zu sorgen, dass alle Kinder bei der Aufnahme an öffentlichen Grundschulen gleich behandelt werden. Wir argumentieren, dass die frühere konfessionelle Homogenität an den meisten Schulen nicht mehr gegeben ist und damit auch die Voraussetzung für eine Sonderbehandlung entfallen ist. Entsprechend fordern wir, dass die Umwandlung von Schulen erleichtert wird, um den Grundschuleltern eine reale Chance zu geben, die Schulart ihrer Kinder zu bestimmen.

Zweiter Offener Brief an die Landesregierung vom 30.6.2011


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