Bülent soll mit seinen Freunden auf die Grundschule in seiner Nachbarschaft gehen dürfen

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aktualisiert 4.9.2013, 18:10

Für alle derzeit im Bundestag vertretenen Parteien  ist klar:

„Alle Kinder sollen ungeachtet ihres kulturellen Hintergrundes gemeinsam unterrichtet werden.“

Im Wahl-o-mat zur Bundestagswahl beziehen die demokratischen Parteien klar Stellung: „Das Miteinander ist Voraussetzung einer offenen und toleranten Gesellschaft” (FDP) und „Gemeinsamer Unterricht ist ein wichtiges Element unserer Integrationspolitik. Kinder sollen ungeachtet ihrer Herkunft gefördert werden” (CDU). Die Grünen betonen: „Wir wollen keine Sonderung der SchülerInnen nach Sozialstatus, Herkunft der Eltern, Religion oder anderen Merkmalen.“

In NRW gilt all das nicht. Der Schulleiter der Paderborner Bonifatiusschule verweigert dem 6-jährigen Bülent (Name geändert) die Aufnahme, weil er nicht katholisch ist. Statt mit seiner Schwester 5 Minuten zur Schule zu gehen, muss er ab Donnerstag mit dem Bus quer durch die Stadt zur nächstgelegenen Gemeinschaftsgrundschule fahren. Die Fahrt dauert 50 Minuten – pro Weg.

Bülent soll auf die Grundschule seiner Schwester gehen dürfenDas Verwaltungsgericht Minden hat am 30.8.2013 in einem Eilentscheid festgestellt, dass es davon ausgeht, dass diese Ablehnung mit Recht und Gesetz in Nordrhein-Westfalen vereinbar ist. Diese Einschätzung wurde vom Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen am 4.9. bestätigt.

Wie das sein kann? Die Bonifatiusschule ist formal eine öffentliche Katholische Bekenntnisschule, die zwar vollständig staatlich finanziert ist, an der aber alle Lehrerinnen und Lehrer katholisch sein müssen. Eltern müssen seit kurzem an dieser Schule unterschreiben, dass sie mit Unterrichtung und Erziehung im katholischen Bekenntnis einverstanden sind und explizit auch mit der Teilnahme am katholischen Religionsunterricht – andernfalls werden die Kinder nicht aufgenommen. Und dazu ist der Vater von Bülent nicht bereit.

An der Schule sind lediglich 42% der Kinder katholisch, die Schule ist schon lange nur noch dem Namen nach katholisch. Bislang war es möglich, sich per Standardformular vom Religionsunterricht abzumelden.

Der Fall erinnert an die Kündigung einer Kindergartenleiterin durch die katholische Kirche in Königswinter. Auch das war offenbar mit dem deutschen Recht vereinbar. Aber dort entschied der Stadtrat kurzerhand, der katholischen Kirche die Trägerschaft zu entziehen.

Helfen Sie mit, dass Bülent mit seiner Schwester und seinen Kindergartenfreunden die Bonifatiusschule besuchen kann! Sagen Sie dem Schulleiter der Bonifatiusschule, der Stadt Paderborn und der Bezirksregierung mit ihrer Unterschrift Ihre Meinung: Schließlich sagt das Gericht zwar, dass die Schule Bülent die Aufnahme verweigern darf. Aber nicht, dass sie das tun muss.

Zur Petition:

https://www.openpetition.de/petition/online/buelent-soll-mit-seinen-freunden-auf-die-grundschule-in-seiner-nachbarschaft-gehen-duerfen

Hintergrundinformationen:

Eine Wahl, die quälende Fragen aufwirft

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(Artikel aktualisiert am 23.5.2013)

In Mühlheim an der Ruhr sollen eine katholische und eine evangelische Bekenntnisschule zusammengelegt werden, die sich ohnehin in einem Gebäude befinden. Infolgedessen findet ein Bestimmungsverfahren statt. Die Eltern im Einzugsbezirk der Schule dürfen wählen, welcher Schulart die neue Grundschule angehören soll. Zur Wahl stehen Gemeinschaftsgrundschule, Katholische Bekenntnisschule, Evangelische Bekenntnisschule oder Weltanschauungsschule.

Für diese Wahl hat die Schulverwaltung gemeinsam mit den Schulleitungen eine FAQ für Eltern (s. Lokalkompass.de Mühlheim) zusammengestellt, die für uns mindestens ebenso viele Fragen aufwirft wie sie beantwortet:

Kann mein Kind dort bleiben, wo es jetzt ist oder wo es im Sommer eingeschult wird?

Ja. Erst einmal wird es ein neues gedachtes „Dach“ geben, sicherlich einen neuen Namen für die neue Schule. Die Lehrer arbeiten in einem Kollegium zusammen. Ihr Kind behält seine Bezugspersonen und den gewohnten Lernbereich, das gewohnte Schulgebäude.

Das klingt beruhigend, aber so ganz eindeutig scheint die Angelegenheit dann doch nicht zu sein. Eventuell muss auch die Hälfte der Lehrer die Schule verlassen:

Bleiben alle Lehrer vor Ort nach dem Bestimmungsverfahren?

Wenn die neue Schule eine Gemeinschaftsgrundschule wird, können dort alle Lehrerinnen und Lehrer weiterhin unterrichten. Wird es eine konfessionelle Schule, dürfen die Lehrer der anderen Konfession nicht übernommen werden, etwa die Hälfte der Schüler würden ihre Bezugspersonen verlieren.

Immerhin, eine islamische Bekenntnisschule steht offenbar nicht zur Wahl, sonst müssten wohl alle Lehrer gehen. Es fehlt der Hinweis, dass womöglich die Hälfte der Eltern an der neuen Schule eine Erklärung unterschreiben müssen, dass sie sich ab sofort eine Erziehung und Unterrichtung ihrer Kinder im Schulbekenntnis wünschen und gerne auf Religionsunterricht im eigenen Glauben verzichten. Nicht beantwortet wird auch die Frage, was geschähe, wenn sich die Eltern für eine Weltanschauungsschule entschieden.

Die Antwort auf die nächste Frage geht allerdings ganz offensichtlich davon aus, dass sich die Eltern für die Neugründung einer Gemeinschaftsschule entscheiden:

Behält mein Kind seine Klassenlehrerin?

In der Regel ja.

Wir drücken die Daumen.

UPDATE

Die Sache ist entschieden. Für keine Schulart kamen die benötigten 224 Stimmen zusammen. In diesem Fall ist eine Gemeinschaftsschule zu errichten. Von den 132 abgegebenen Stimmen entfielen auf die Errichtung einer

  • Gemeinschaftsgrundschule: 77 Stimmen;
  • Katholischen Bekenntnisgrundschule: 39 Stimmen;
  • Evangelischen Bekenntnisgrundschule: 13 Stimmen;
  • Weltanschauungsschule: 3 Stimmen.

Konsequent wäre es ja: 450 islamische Bekenntnisgrundschulen für NRW

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Über die Glaubwürdigkeit der Integrationspolitik in NRW

Die Neue Westfälische Zeitung berichtet am 26.4.2013, dass die muslimische Gemeinde in Paderborn jetzt doch nicht vorhat, eine islamische Bekenntnisgrundschule einzurichten. Konsequent wäre dieser Schritt durchaus gewesen: Schließlich sind ein Drittel aller Grundschulen in Nordrhein-Westfalen katholisch, etwa 38% aller Kinder im Grundschulalter sind katholisch getauft. Nach dieser Proportionalitäts-Logik, die nicht nur von Vertretern der katholischen Kirche immer wieder angeführt wird, könnten bis zu 450 Grundschulen in NRW als islamische Grundschulen eingerichtet werden, schließlich gelten ca. 15% der Schulkinder als muslimisch. Eher noch höher müsste die Anzahl der Weltanschauungsschulen sein, an denen es anders als an Konfessionsschulen und Gemeinschaftsgrundschulen keinen Religionsunterricht geben dürfte, da mittlerweile fast 16% der Kinder keiner Religion angehören. 0,1% aller Grundschulkinder sind laut Schulstatistik 2011/12 übrigens jüdisch, entsprechend gibt es immerhin 2 jüdische Bekenntnisschulen. Weiterlesen