Abstimmung über Bekenntnisbindung an allen Grundschulen in Friesoythe

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8.4.2016, ergänzt am 9.4.

Neben Nordrhein-Westfalen ist Niedersachsen das einzige Bundesland, indem es noch staatliche Bekenntnisschulen gibt. Anders als in NRW dürfen an diesen Schulen aber nicht mehr als 30% der Kinder bekenntnisfremd sein. So kommt es, dass in Friesoythe demnächst die Eltern aller acht Bekenntnisgrundschulen über die Bekenntnisbindung abstimmen müssen. An 4 Schulen wird die erlaubte Höchstgrenze bereits seit Jahren überschritten, an den verbleibenden 4 ist es nach Prognosen der Stadtverwaltung innerhalb der nächsten 3 Jahre ebenfalls so weit. Wenn die Eltern einer Umwandlung nicht zustimmen, ist über kurz oder lang der Bestand der jeweiligen Schule gefährdet, weil nur noch Kinder des jeweiligen Bekenntnisses aufgenommen werden dürfen, bis die Quote wieder eingehalten wird.

Bemerkenswert, weil man von Kirchenvertretern und Politikern oft ganz andere Töne hört: In einer Informationsveranstaltung über die Umwandlungsverfahren machten „Heinrich Blömer vom Bischöflich Münsterschen Offizialat und Henning Eden von der Arbeitsstelle für Religionspädagogik der evangelisch-lutherischen Kirche in Oldenburg … in ihren Statements deutlich, dass die Vermittlung christlicher Werte nicht an den Status der Bekenntnisschule gebunden ist.“

Quellen:

Ab Schuljahr 2017/18: Konfessionelle Grundschulen nur noch für getaufte Kinder

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Düsseldorf, 1.4.2016

Als Konsequenz aus einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster arbeiten Beamte des nordrhein-westfälischen Bildungsministeriums derzeit an Verordnungen, die erhebliche Auswirkungen auf den Grundschulbereich im bevölkerungsreichsten Bundesland haben werden. Wie die Initiative „Kurze Beine – kurze Wege“ aus gut informierten Kreisen erfahren hat, sollen ab Herbst 2016 an den knapp 1.000 öffentlichen Bekenntnisgrundschulen nur noch getaufte Kinder des jeweiligen Bekenntnisses angemeldet werden können. Dies sei die einzige Möglichkeit, weitere rechtliche Unsicherheiten um die Aufnahme von Kindern an Bekenntnisgrundschulen zu vermeiden. Man sei es satt, jedes Jahr aufs Neue die Ausführungsbestimmungen zur Ausbildungsordnung Grundschule (AO-GS) zu ändern. Weiterlesen

Im Zweifelsfall rechtens: kürzere Schulwege für katholische Kinder

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Kurze Beine – kurze Wege, 29. März 2016

Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat entschieden: Katholische Kinder müssen an katholischen Schulen vorrangig aufgenommen werden. Das klingt einleuchtend. Und doch: Die Euskirchener Schulleiterin, die die Aufnahme eines katholischen Kindes an einer städtischen katholischen Grundschule für das laufende Schuljahr abgewiesen hatte, hatte sich nach den Vorgaben des Schulministeriums gerichtet. Danach galt seit November 2013 die Anweisung, das Kriterium „Kurzer Schulweg“ höher zu gewichten als die Konfession.

Durch die Entscheidung des Gerichts ist das Prinzip „Kurze Wege für kurze Beine“ erheblich geschwächt worden. In manchen Städten und Regionen Nordrhein-Westfalens haben katholische Grundschulkinder damit erheblich bessere Chancen auf einen kurzen Schulweg als all jene Kinder, die nicht katholisch getauft sind. Die Initiative „Kurze Beine – kurze Wege“ hatte sich 2009 aus Unzufriedenheit mit genau dieser Situation gegründet: Damals war ein konfessionsloses Kind von einer katholischen Grundschule in Bonn abgewiesen worden, obwohl es direkt neben der Schule wohnte. Weit entfernt wohnende katholische Kinder wurden dagegen aufgenommen.
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Die Veedelsschule war einmal

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Freie Grundschulwahl führt zu verstärkter Segregation

Wie soll Integration funktionieren, wenn Angehörige der Mehrheitsgesellschaft sich von jenen abschotten, von denen sie Integration fordern? Oder andersherum: Wie sollen Kinder von Einwanderern deutsch lernen, wenn deutsche Familien versuchen, ihre Kinder in möglichst homogen deutschen Einrichtungen unterzubringen?

„In Ballungsräumen bleiben die Kinder der einzelnen Schichten immer mehr unter sich“. Das hat eine Studie der Bertelsmann-Stiftung mit dem Titel Gleich und gleich gesellt sich gern: Zu den sozialen Folgen freier Grundschulwahl festgestellt. Die Abschaffung der Schulbezirke für Grundschulen ist der Integration nicht förderlich und fördert die Trennung von Kindern nach sozialen Kriterien. Weiterlesen

„Fünf katholische Konfessionsschulen werden umgewandelt“

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„Fünf katholische Konfessionsschulen werden umgewandelt“, so hat die Rheinische Post am 8. Januar einen Artikel überschrieben und als „Auslöser“ die „Absenkung der Hürden für die Umwandlung von Konfessionsschulen“ ausgemacht. Ob auch nur eine der Grundschulen tatsächlich umgewandelt wird, ist allerdings ungewiss.

Der wahre Kern an der Meldung ist: An fünf konfessionellen Grundschulen stimmen in diesem Schuljahr Eltern über eine Umwandlung in Gemeinschaftsschulen ab. Allein vier der Schulartabstimmungen finden in Paderborn statt. Weiterlesen

Umwandlungsinitiativen in Paderborn und Niederkassel

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Kurze Beine – kurze Wege, 28.10.2015, zuletzt ergänzt und berichtigt am 02.11.2015

An einer katholischen Bekenntnisschule in Niederkassel bei Bonn haben Eltern das Umwandlungsverfahren in eine Gemeinschaftsgrundschule eingeleitet. Sie wünschen sich, dass die Schulart der Zusammensetzung der Schule entspricht. Andere Eltern an dieser Schule wünschen sich, dass die einzige Grundschule im Ortsteil Mondorf eine Bekenntnisschule bleibt und wandten sich an die Lokalpolitik. Örtliche CDU-Vertreter kritisieren in der Folge die Umwandlungsbestrebungen und halten sie für das falsche Signal angesichts der großen Zahl nichtchristlicher Flüchtlinge, die ins Land kommen. Die Schule werde „säkularisiert“ und stelle ihre Werte und Traditionen zur Disposition.

Ein hervorragender Kommentar zu diesem Vorgang findet sich in der Kölner Rundschau. Peter Freitag schreibt unter der Überschrift „Unsinnig und populistisch“: Weiterlesen

Schulgesetz von NRW verstößt gegen AGG

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„Eine Benachteiligung aus Gründen der Religion oder Weltanschauung liegt vor.“

So hatte es Rechtsanwalt Frank Jansen als Sachverständiger im Februar 2015 im Landtag NRW festgestellt und damit die Position unserer Initiative bestätigt. Weiter argumentierte er, eine unterschiedliche Behandlung von Schülern aufgrund ihres Glaubens sei nach dem Antidiskriminierungsgesetz vertretbar, nicht aber die Benachteiligung von Lehrkräften.

Nun wurde genau diese Frage eingehend in einem Fachartikel untersucht. Der Jurist Sebastian Hartmann kommt darin zu  dem eindeutigen Schluss:

„Durch die geforderte Bekenntniszugehörigkeit von Lehrkräften und Schulleitung verstößt § 26 Abs. 6 SchulG NRW sowohl in seiner bisherigen als auch in seiner neuen Fassung gegen höherrangiges Bundesrecht in Form von § 1 AGG. Der Staat als solcher kann, obwohl er Bekenntnisschulen betreiben darf, sich nicht auf die Ausnahmeregelungen des AGG berufen, die in der derzeitigen Ausgestaltung zweifelsfrei nur für Religionsgemeinschaften gelten. Um diesen Missstand aufzulösen, müsste das Schulgesetz dahingehend geändert werden, dass es AGG-konform keine Einstellungsvoraussetzungen an das Bekenntnis knüpft.“

Vielen Lehrerinnen und Lehrern nützt diese Feststellung nichts mehr: Bis vor kurzem wurde ihnen von Lehrerverbänden abgeraten, den Klageweg zu gehen.

Wir sind gespannt, wie die politischen Entscheidungsträger mit der juristischen Einschätzung Hartmanns umgehen. Als Rechtsanwalt Jansen in der Sachverständigenanhörung auf das Problem hinwies, führte dies nicht zu einer entsprechenden Änderung der Gesetzesvorlage.

Tatsächlich gehen unsere Forderungen ohnehin weiter, da wir überzeugt sind, dass auch die unterschiedliche Behandlung von Schülerinnen und Schülern an öffentlichen Schulen unverzüglich beendet werden muss. In der gleichen juristischen Fachzeitschrift forderte ganz in diesem Sinne der Jurist und Erste Beigeordnete der Stadt Warendorf, Dr. Martin Thormann bereits 2011:

„Die öffentliche Bekenntnisschule ist heute ein Anachronismus, liegt ihr doch die Idee zugrunde, dass für die schulische Bildung der Kinder die jeweilige Konfession prägend sein soll.“

Anmerkung: 
AGG = Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, umgangssprachlich Antidiskriminierungsgesetz, s. wikipedia-Artikel

Quellen:

  • Sebastian Hartmann: Die staatliche Bekenntnisschule im Lichte des AGG, in: DÖV 2015, S. 875
  • Dr. Martin Thormann: Kreuz, Kopftuch und Bekenntnisschule, in: DÖV 2011, S. 945

Flüchtlingssituation stellt Regelungen zu öffentlichen Bekenntnisgrundschulen in Frage

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Initiative Kurze Beine – kurze Wege, 13.9.2015

(aktualisiert am 18.9.2015)

Viele Kommunen in Deutschland müssen derzeit schulpflichtigen Kindern aus Flüchtlingsfamilien einen Schulplatz  gewähren, auch wenn vielfach die Schulen bereits große Klassen haben.  In Nordrhein-Westfalen werden offenbar die bisherigen Regelungen zur restriktiven Aufnahme bekenntnisfremder Kinder zur Makulatur. Vielfach wird sogar die normalerweise gültige maximale Klassengröße von 29 Kindern überschritten. In der aktuellen Situation liegt es auf der Hand, dass auch Bekenntnisschulen Flüchtlingskinder aufnehmen müssen und von deren Eltern schwerlich das Einverständnis verlangt werden kann, ihre Kinder im jeweiligen Bekenntnis unterrichten und erziehen zu lassen.

In Niedersachsen stehen gesetzlich eindeutige Regelungen offenbar solchen „rheinischen Lösungen“ entgegen. Weiterlesen

Nach diesen Kriterien entscheidet eine Würseler Grundschule über die Aufnahme von Schulkindern

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Kurze Beine – kurze Wege, 16. August 2015

Eine Würseler Grundschule erläutert auf ihrer Webseite in aller Ausführlichkeit, nach welchen Kriterien sie Kinder aufnimmt.

Aufnahmekriterien für die Sebastianusschule (Katholische Bekenntnisschule) sind:

  • Zugehörigkeit des Kindes zum katholischen Bekenntnis (Taufe)
  • Zugehörigkeit des Kindes zum griechisch oder russisch orthodoxen Bekenntnis
  • Zugehörigkeit zum evangelischen Bekenntnis
  • Geschwisterkinder
  • Schulwege (kurze Beine, kurze Wege)
  • Muslimische Kinder
  • Kinder, die keinem Bekenntnis angehören (ohne Taufe)

Über Ausnahmen entscheidet die Schulleitung.
Für alle Kinder ist der katholische Religionsunterricht Pflicht. Das Fach Religion wird benotet.
Eltern, deren Kinder nicht katholisch sind, müssen sich mit der Erziehung an einer katholischen Bekenntnisschule und der Teilnahme des Kindes am Religionsunterricht einverstanden erklären.

Auf welcher Grundlage wurde diese Liste erstellt? Man wüsste gerne, warum evangelische Kinder Vorrang vor Geschwisterkindern haben, nicht aber muslimische Kinder. Und welche Ausnahmen bleiben da noch, über die die Schulleitung gesondert entscheiden möchte, Anhänger des fliegenden Spaghettimonsters vielleicht?

Hier geht es zur Fundstelle.

Bekenntnisgrundschulen in NRW – Zahlen und Statistisches

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(zuletzt aktualisiert: 08.12.2023)

Die Länge des Schulwegs für die kleinsten Schüler/innen und die Verwirklichung des Prinzips der Religionsfreiheit an Grundschulen hängt für Lehrkräfte und Schüler/innen in großen Teilen Nordrhein-Westfalens maßgeblich von der Konfession ab. Die Verfassung des Landes garantiert die Existenz staatlicher Bekenntnisschulen. 2015 wurde durch eine Schulgesetzänderung die Umwandlung von Bekenntnisschulen etwas erleichtert und die strikte Bekenntnisbindung von Lehrkräften aufgeweicht und damit der (gelebten) Realität angenähert.

Die Situation an den Grundschulen in Nordrhein-Westfalen war insgesamt aufgrund des Geburtenrückgangs bis 2015 durch abnehmende Schülerzahlen gekennzeichnet, seit 2016 steigen die Schülerzahlen wieder. Der Anteil katholischer und evangelischer Kinder an den Grundschulen des Bundeslandes geht stetig und zunehmend rasant zurück: Waren 2001 noch 74,4% getauft (ev. oder röm.-kath.), so waren es im Schuljahr 2022/23 nur noch 48,2% (im Vorjahr noch 50%) – erstmals weniger als die Hälfte! Der Anteil der Grundschulkinder, die keiner Religion zugeordnet sind, erhöhte sich dagegen im gleichen Zeitraum von 9,4% auf 23,1%. Der relative Anteil muslimischer Kinder erhöhte sich in diesem Zeitraum ebenfalls deutlich von 11,8% auf 20,1% (im Vorjahr noch 20,3%).

Bekenntnisgrundschulen in NRW in Zahlen (alle Zahlen beziehen sich auf das Schuljahr 2022/23)

Insgesamt gibt es 688.204 Grundschüler (1970: 1.071.127), davon sind

  • 29,0% römisch-katholisch (2001/2: 44,2%)
  • 23,1% ohne Konfession (2001/2: 9,4%)
  • 19,2% evangelisch (2001/2: 30,2%)
  • 20,2% muslimisch (2001/2: 11,8%)
  • 8,4% andere Konfessionen

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