Schon gewusst? Fakten zu öffentlichen Bekenntnisschulen

Share

Die erste Version dieses Artikels stammt von Oktober 2012. Wir haben farblich markiert, welche Änderungen sich durch die Neufassung des Schulgesetzes 2015 ergeben.

Wussten Sie schon,

  • dass es in Nordrhein-Westfalen und Teilen Niedersachsens öffentliche Bekenntnisschulen gibt, die zu 100% von allen Steuerzahlern bezahlt werden?
  • dass in NRW ein Drittel aller Grundschulen öffentliche Bekenntnisgrundschulen sind?
  • dass die Trennung von Kindern nach Konfession und Religion an öffentlichen Schulen in allen anderen Bundesländern Ende der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts abgeschafft wurde, in NRW dagegen 2009 durch die Abschaffung der Schuleinzugsbezirke sogar gestärkt wurde? Aufgenommen werden zunächst alle im Schulbekenntnis getauften Kinder. Erst wenn dann noch Plätze frei sind, können auch andere Kinder aufgenommen werdenWeiterlesen

Katholische Gemeinschaftsgrundschule?

Share

„Als ehemalige Rektorin der Gemeinschaftsgrundschule Marsberg fühle ich mich verpflichtet, aus jahrzehntelanger Erfahrung darauf hinzuweisen, dass die Umwandlung einen Beitrag für das friedvolle Zusammenleben der Bürger bedeutet.“

Dies schriebt eine pensionierte Lehrerin an die Westdeutsche Allgemeine Zeitung in einem Leserbrief, nachdem in einem Artikel über den Wanderausflug einer „katholischen Gemeinschaftsschule“ berichtet wurde. Weiterlesen

NRW-Schulgesetz zu Bekenntnisschulen steht vor Verabschiedung

Share

Kurze Beine – kurze Wege, 13 März 2015

Am 18. März 2015 wird das 11. Schulrechtsänderungsgesetz in 2. Lesung in den Landtag Nordrhein-Westfalen eingebracht. Es soll wie berichtet die Umwandlung von staatlichen Bekenntnisgrundschulen erleichtern. Weiterlesen

Nachbetrachtungen zur Expertenanhörung zum Bekenntnisschulgesetz

Share

Der von rot-grün im Landtag eingebrachte Gesetzentwurf zu öffentlichen Bekenntnisschulen erhielt bei der Expertenanhörung am 4. Februar 2015 breite Unterstützung. Das Gesetz wird daher aller Voraussicht nach mit geringfügigen Korrekturen im Frühjahr 2015 in Kraft treten. Weiterlesen

Josefschule Menden: Anders als die Mehrheit der Eltern weiterhin katholisch

Share

Bonn, 25.1.2015

Im September berichteten wir über die Pläne von Eltern in Menden, ihre katholische Grundschule in eine Gemeinschaftsgrundschule umzuwandeln. Weniger als die Hälfte der Kinder an dieser Schule sind katholisch. Der Schulleiter selbst zeigte Verständnis für die Bestrebungen. Er erklärte damals, dass…

…Eltern anderer Glaubensrichtungen regelmäßig zusammenzucken, wenn er ihnen erklärt, dass ihr Kind auf jeden Fall zum Gottesdienst mit in die Vincenzkirche muss, dass jeden Morgen gebetet wird, dass ein Kreuz in der Klasse hängt und der Religionsunterricht verpflichtend ist. Gerade in der Innenstadt mit ihrem höheren Migrantenanteil sei man inzwischen die einzige Grundschule, auch daher rühre letztlich der Wandel. Auf der anderen Seite seien auch Gemeinschaftsschulen christlich geprägt: „Sie feiern auch Weihnachten oder St. Martin.“
(WAZ 29.9.2014, Debatte zu Bekenntnis der Josefschule Menden)

Weiterlesen

Welche Verbesserungen bringt der Gesetzesvorschlag für Lehrkräfte?

Share

Vor vier Jahren berichteten wir über eine evangelische Lehrerin. Jahrelang leitete sie mit großem Engagement eine kommunale katholische Grundschule. Kommissarisch und ohne die entsprechende finanzielle Anerkennung. Die Arbeit machte ihr Spaß und sie wäre gerne auch offiziell Rektorin der Schule geworden. Ihre Bewerbung auf die freie Funktionsstelle aber wurde abgelehnt, weil ihr nach Paragraph 26 Absatz 6 des Schulgesetzes die richtige Konfession als „Aspekt der Eignung“ für das Amt fehlte. Weiterlesen

Allseits Applaus für den Gesetzentwurf zu Bekenntnisschulen?

Share

Am 14.12.2014 berichtete die Welt am Sonntag in einem Artikel mit dem Titel Einigung mit den Kirchen über die insgesamt gelassene Reaktion auf den Gesetzentwurf:

„Als der Gesetzentwurf diese Woche vorgestellt wurde, erhielt er allseits Applaus. Und zwar auch von den Kirchen. Auch sie halten die Reform für eine notwendige Anpassung an die Realitäten.“

Kein Wunder, schließlich folgt der Entwurf weitestgehend dem, was evangelische und katholische Kirche selbst Anfang des Jahres vorgeschlagen haben. Weiterlesen

Neues Schulgesetz soll Diskriminierung an öffentlichen Grundschulen beenden

Share

Update: Auf dem Landtagsportal kann ein Protokoll der Landtagsdebatte vom 17.12.2014 abgerufen werden sowie ein Videomitschnitt der Debatte (Beginn bei 4:40:35). 

Hanna-Renate Laurien (CDU, katholisch):
“Kinder müssen zusammen lernen,
gleich welcher Konfession sie angehören.”

Düsseldorf, 17. Dezember 2014

Am heutigen Mittwoch um 15:30 wird im Düsseldorfer Landtag ein gemeinsamer Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen eingebracht. Eine Neuregelung des Schulgesetzes soll die Umwandlung öffentlicher Bekenntnisschulen in Gemeinschaftsschulen erleichtern. Darüber hinaus sollen zukünftig auch Lehrkräfte an dieser Schulart unterrichten können, die dem Schulbekenntnis nicht angehören.

Damit reagiert die Landespolitik darauf, dass sich rund um Bekenntnisgrundschulen in den vergangenen Jahren vielfach Konflikte entzündet haben: Dabei ging es um das Thema der Aufnahme wohnortnaher Schülerinnen und Schüler, die nicht dem Schulbekenntnis angehören; um die Verpflichtung, an öffentlichen Bekenntnisschulen an Religionsunterricht und Gottesdiensten teilzunehmen; und um die Anstellungsmöglichkeiten nichtreligiöser Lehrkräften oder solcher mit anderem Bekenntnis.

Die Politik kommt mit der Gesetzesinitiative ihrem Auftrag aus der Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen nach:  In Artikel 8 wird dort ausdrücklich gefordert, „dass das Schulwesen den kulturellen und sozialen Bedürfnissen des Landes entspricht“. Das Verwaltungsgericht Minden hat in einem Beschluss vom August 2013 (8 L 538/13) im Zusammenhang mit der Ablehnung eines muslimischen Kindes an einer katholischen öffentlichen Bekenntnisgrundschule wie folgt auf diese Verpflichtung hingewiesen: „Letztlich ist es vorrangige Aufgabe der politischen Entscheidungsträger, gesetzliche Bestimmungen ggf. dem gesellschaftlichen Wandel anzupassen und die Normen mit der Wirklichkeit wieder in Einklang zu bringen.”

In der Tat entsprechen im Fall der staatlichen Bekenntnisschulen die Normen schon lange nicht mehr der gesellschaftlichen Realität in Nordrhein-Westfalen. Ein Drittel aller öffentlichen Grundschulen sind bekenntnisgebunden, obwohl an den wenigsten von ihnen eine große Mehrheit in der entsprechenden Konfession getauft ist. Nach den amtlichen Schul­daten für das Schuljahr 2012/2013 gehörten zu diesem Zeitpunkt an 54 evangelischen und an 263 katholischen Bekenntnisgrundschulen in öffentlicher Trägerschaft weniger als 50 % der Schülerinnen und Schüler dem jeweiligen Schulbekenntnis an. In 81 Gemeinden gab es ausschließlich Bekenntnisgrundschulen.

„Kurze Beine – kurze Wege“ begrüßt außerordentlich, dass mehr als 5 Jahre nach Gründung der Initiative verbesserte Bedingungen für die Umwandlung öffentlicher Bekenntnisschulen geschaffen werden sollen. Allerdings gehen in unseren Augen die im Konsens mit den Kirchen geplanten Änderungen nicht weit genug: Die Neufassung des Schulgesetzes stellt nicht sicher, dass

  • alle Kinder unabhängig von Glaube und Herkunft ein Aufnahmerecht an der nächstgelegenen öffentlichen Grundschule erhalten;
  • an allen öffentlichen Schulen die fachliche Qualifikation Hauptkriterium bei der Besetzung von Lehrer/innenstellen und Leitungspositionen ist;
  • Kinder an öffentlichen Schulen keinen Religionsunterricht in einem Bekenntnis besuchen müssen, dem sie nicht angehören. 

Bis heute legitimiert der Verfassungsrang der Bekenntnisschulen in Nordrhein-Westfalen die Diskriminierung von Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern nach religiösen Kriterien an öffentlichen Einrichtungen, die von allen Bürgern gezahlt und getragen werden. Angesichts einer zunehmenden Säkularisierung und gleichzeitig einer stärkeren religiösen Pluralität entsteht durch die Aufrechterhaltung von Bekenntnisschulen in staatlicher Trägerschaft zunehmend ein Spannungsverhältnis zu zentralen Artikeln des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland, die nicht nur den beiden großen Kirchen, sondern auch anderen religiösen Gemeinschaften und der wachsenden Gruppe nichtreligiöser Menschen Religionsfreiheit garantieren.

Wir fordern daher den Landtag NRW auf, die Landesverfassung zu ändern, um die Diskriminierung zu beenden.

In der Initiative “Kurze Beine – Kurze Wege” engagieren sich Menschen aus ganz Nordrhein-Westfalen. Die Initiative ist überparteilich und unabhängig. Sie besteht aus gläubigen und nichtgläubigen Bürgern des Landes: Wir sind katholisch, evangelisch, muslimisch und bekenntnislos, mit und ohne Migrationshintergrund. Wir setzen uns kritisch mit den Bekenntnisgrundschulen in NRW auseinander. Es ist ausdrücklich nicht unser Anliegen, Religion und ihre Rolle in unserer Gesellschaft grundsätzlich in Frage zu stellen.

Streitgespräch über Bekenntnisschulen in der Kölner Kirchenzeitung

Share

„Man kann mitnichten davon sprechen, dass kirchliche Regeln an öffentlichen Schulen gelten. Die Regeln dort sind nicht von der Kirche gemacht, sondern vom Staat.“ (Andrea Gersch, erzbischöfliche Schulrätin)

Am 5.12.2014 wurde Max Ehlers in die Räume der Kölner Kirchenzeitung eingeladen, um für die Initiative „Kurze Beine – kurze Wege“ ein Streitgespräch mit der Erzbischöflichen Schulrätin Andrea Gersch zu führen. Das Gespräch ist hier dokumentiert: Pro und Contra: Sind Bekenntnisschulen noch zeitgemäß? (S. 4-5)