Bekenntnisgrundschulen in NRW – Zahlen und Statistisches

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(zuletzt aktualisiert: 08.12.2023)

Die Länge des Schulwegs für die kleinsten Schüler/innen und die Verwirklichung des Prinzips der Religionsfreiheit an Grundschulen hängt für Lehrkräfte und Schüler/innen in großen Teilen Nordrhein-Westfalens maßgeblich von der Konfession ab. Die Verfassung des Landes garantiert die Existenz staatlicher Bekenntnisschulen. 2015 wurde durch eine Schulgesetzänderung die Umwandlung von Bekenntnisschulen etwas erleichtert und die strikte Bekenntnisbindung von Lehrkräften aufgeweicht und damit der (gelebten) Realität angenähert.

Die Situation an den Grundschulen in Nordrhein-Westfalen war insgesamt aufgrund des Geburtenrückgangs bis 2015 durch abnehmende Schülerzahlen gekennzeichnet, seit 2016 steigen die Schülerzahlen wieder. Der Anteil katholischer und evangelischer Kinder an den Grundschulen des Bundeslandes geht stetig und zunehmend rasant zurück: Waren 2001 noch 74,4% getauft (ev. oder röm.-kath.), so waren es im Schuljahr 2022/23 nur noch 48,2% (im Vorjahr noch 50%) – erstmals weniger als die Hälfte! Der Anteil der Grundschulkinder, die keiner Religion zugeordnet sind, erhöhte sich dagegen im gleichen Zeitraum von 9,4% auf 23,1%. Der relative Anteil muslimischer Kinder erhöhte sich in diesem Zeitraum ebenfalls deutlich von 11,8% auf 20,1% (im Vorjahr noch 20,3%).

Bekenntnisgrundschulen in NRW in Zahlen (alle Zahlen beziehen sich auf das Schuljahr 2022/23)

Insgesamt gibt es 688.204 Grundschüler (1970: 1.071.127), davon sind

  • 29,0% römisch-katholisch (2001/2: 44,2%)
  • 23,1% ohne Konfession (2001/2: 9,4%)
  • 19,2% evangelisch (2001/2: 30,2%)
  • 20,2% muslimisch (2001/2: 11,8%)
  • 8,4% andere Konfessionen

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Erfolgreiche Schulumwandlung in Welschen Ennest

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Eine der letzten erfolgreichen Umwandlungen einer konfessionell gebundenen Grundschule nach den alten Regeln gelang Eltern in Welschen Ennest. Von 140 wahlberechtigten Elternvertretern stimmten 107 für die Umwandlung (76%) in eine Gemeinschaftsgrundschule und nur 7 dagegen. Auslöser für die Umwandlung war, dass der bisherige Rektor zum Schuljahresende aus dem Dienst ausscheidet. Durch die Öffnung der Schule können sich nun auch Lehrkräfte auf die Leitung dieser öffentlichen Schule bewerben, die nicht katholisch sind.

Im Zeitungsbericht dazu heißt es: „Am pädagogischen Schulprogramm bzw. dem Stundenplan der Schule soll sich nichts ändern.“

WAZ.de, 6.3.2015, Grundschule bald ohne heiligen Johannes

Umwandlungsverfahren an der KGS Waisenhausstrasse in Mönchengladbach

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Ursprünglich veröffentlicht am 31.1.15, aktualisiert am 20.8.15

Aus einem rp-online Artikel (Katholische Schule vor der Umwandlung) vom 31.1.2015 zum Versuch, eine katholische Grundschule in Mönchengladbach in eine Gemeinschaftsgrundschule umzuwandeln:

In der Rheydter Innenstadt gibt es drei Grundschulen. Zwei sind katholisch, eine ist evangelisch. Ausgerechnet in dem Stadtgebiet mit dem höchsten Ausländeranteil gibt es ausschließlich Bekenntnisschulen. Das könnte sich bald ändern. Denn aus der katholischen Grundschule Waisenhausstraße soll eine Gemeinschafts-grundschule werden. Den Beschluss der Schulkonferenz, ein entsprechendes Verfahren einzuleiten, gibt es ebenso wie die nötigen 20 Prozent der Eltern, die das Vorhaben unterstützen. Jetzt muss noch gewählt werden. Ende Februar sollen die Eltern in geheimer Wahl abstimmen.   …

An der katholischen Grundschule Waisenhausstraße haben 80 Prozent der Kinder einen Migrationshintergrund. 28 Nationen sind vertreten. 48 Prozent der Kinder sind muslimischen, 22 Prozent katholischen Glaubens. Schon jetzt wird an der Schule viel Integrationsarbeit geleistet. …

(Schulleiterin) Ursula Stegemann-Hirsch ist selber katholisch. Sie hätte aber keine Probleme damit, wenn die Schule keine Bekenntnisschule mehr wäre. „Wir leben hier an der Schule nach den Grundsätzen des christlichen Abendlandes. Werte wie Respekt, Barmherzigkeit und Ehrlichkeit gibt es in allen monotheistischen Religionen“, sagt die Schulleiterin.

Bleibt noch zu untersuchen, ob das nicht Werte sind, die auch weiter über das „christliche Abendland“ und die monotheistischen Religionen hinaus Anhänger finden.


Die Abstimmung fand im Februar 2015 statt. Von 276 möglichen Stimmen wurden 192 (70%) abgegeben. Hiervon waren 158 Ja-Stimmen (57%) und 34 Nein-Stimmen (12%). Für eine erfolgreiche Umwandlung wären aber 184 Stimmen erforderlich gewesen. Die Schule wird also nicht umgewandelt. Nach dem neuen Schulgesetz von April 2015 hätte bereits eine Mehrheit von 50% eine Umwandlung genügen.

Welche Verbesserungen bringt der Gesetzesvorschlag für Lehrkräfte?

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Vor vier Jahren berichteten wir über eine evangelische Lehrerin. Jahrelang leitete sie mit großem Engagement eine kommunale katholische Grundschule. Kommissarisch und ohne die entsprechende finanzielle Anerkennung. Die Arbeit machte ihr Spaß und sie wäre gerne auch offiziell Rektorin der Schule geworden. Ihre Bewerbung auf die freie Funktionsstelle aber wurde abgelehnt, weil ihr nach Paragraph 26 Absatz 6 des Schulgesetzes die richtige Konfession als „Aspekt der Eignung“ für das Amt fehlte. Weiterlesen

Allseits Applaus für den Gesetzentwurf zu Bekenntnisschulen?

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Am 14.12.2014 berichtete die Welt am Sonntag in einem Artikel mit dem Titel Einigung mit den Kirchen über die insgesamt gelassene Reaktion auf den Gesetzentwurf:

„Als der Gesetzentwurf diese Woche vorgestellt wurde, erhielt er allseits Applaus. Und zwar auch von den Kirchen. Auch sie halten die Reform für eine notwendige Anpassung an die Realitäten.“

Kein Wunder, schließlich folgt der Entwurf weitestgehend dem, was evangelische und katholische Kirche selbst Anfang des Jahres vorgeschlagen haben. Weiterlesen

Katholischer Gottesdienst als schulische Pflichtveranstaltung für alle Kinder?

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Richtigstellung vom 22.1.2015:

In unserem Artikel vom 17.11.2014 äußerten wir die Vermutung, dass das katholische Schulreferat für die Verschärfung des Schulprofils verantwortlich sei.  Heute wurden wir darauf hingewiesen, dass das „Katholische Schulreferat […] am Vorgehen der Schule in keiner Weise beteiligt“ gewesen sei. Vielmehr habe sich das Referat Anfang Januar 2015 bei der Schulleitung ausdrücklich für eine Beibehaltung der bisher geltenden Regelungen der als „Flächendeckenden KGS“ geführten Schule eingesetzt. Das Schulreferat gehe davon aus, dass Schülerinnen und Schüler an der besagten Schule auch weiterhin nicht zur Teilnahme an Religionsunterricht und Schulgottesdienst gezwungen würden.


Bonn, 17.11.2014

Eine Schule für alle Kinder im Ortsteil. Das war die „Katholische Grundschule Waldviertel“ (Name geändert) seit jeher. Sie ist die einzige Grundschule in dem bei Familien beliebten Ortsteil einer mittelgroßen Stadt in NRW. Zwar ist sie dem Namen nach eine konfessionelle Grundschule. Sie wurde aber mit ausdrücklicher offizieller Billigung der Kommune schon seit langem nicht wie eine konfessionelle Grundschule geführt. Bis zur Aufhebung der Schulbezirke stand sie allen Kindern der Nachbarschaft unabhängig von Religion und Bekenntnis offen: Neben dem katholischen Religionsunterricht gab es evangelischen Religionsunterricht, Kinder anderer Bekenntnisse und Religionen oder solche ohne Bekenntnis mussten nicht am Religionsunterricht teilnehmen. Es gab evangelische und katholische Gottesdienste für die jeweiligen Kinder. Die anderen Kinder kamen später oder wurden in der Schule betreut.

Jetzt will das katholische Schulreferat offenbar das religiöse Profil der Schule schärfen. Am Vorabend des letzten Schulgottesdienstes erhielten die Klassenpflegschaftsvertreter ein Schreiben, wonach alle Kinder, die nicht evangelisch seien, ab sofort verpflichtend in den katholischen Schulgottesdienst gehen müssten. Diese Regelung gelte für alle zukünftigen Schulgottesdienste.

Die Elternvertreter können das kaum glauben. Eine Anfrage beim Schulministerium trägt wenig zur Klärung der Angelegenheit bei.  In der Antwort heißt es: Weiterlesen

2. Tag der Bekenntnisschulen im Erzbistum Köln

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Am Freitag, den 24.10.2014 findet der „2. Tag der Bekenntnisschulen für Schulleitungen von Bekenntnisschulen im Erzbistum Köln“ statt (siehe Programm).

Nachdem wir letztes Jahr noch Intransparenz angemahnt hatten und eine einseitige Diskussion befürchteten, freuen wir uns, dass dieses Jahr Max Ehlers für die Initiative „Kurze Beine – kurze Wege“ auf dem Podium sitzen wird. Weitere Teilnehmer der von Melanie Wielens (Domradio) moderierten Podiumsdiskussion sind Prälat Gerd Bachner (Leiter der Hauptabteilung Schule/Hochschule), Sigrid Beer MdL (Schulpolitische Sprecherin der Partei Bündnis 90/ Die Grünen), Andrea Honecker (Vorsitzende der Katholischen Elternschaft im Erzbistum Köln) und Ferdinand Claasen (Katholisches Büro NRW). Es handelt sich allerdings auch dieses Jahr wieder um eine geschlossene Veranstaltung, die sich ausschließlich an Rektoren und Rektorinnen katholischer Grundschulen richtet. Für Außenstehende ist eine Teilnahme nicht möglich. Weiterlesen

VG Minden: Keine Religionsfreiheit für kurze Beine

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Das Verwaltungsgericht Minden hat am 28.2.2014 entschieden (vollständiges Urteil hier, und hier die Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts):

Auch eine öffentliche Bekenntnisschule mit nur 40% katholischen Kindern darf von allen Kindern verlangen, den katholischen Religionsunterricht zu besuchen.

Das Kind Bülent ist mittlerweile ohnehin an einer anderen Schule und würde wohl kaum an die Bonifatiusschule zurückwechseln wollen. Dennoch hat Bülents Familie erreicht, dass der Gesetzgeber vom Gericht ausdrücklich ermahnt wurde: Die Politik ist gefordert, endlich für eine Anpassung der Schullandschaft an die Realität zu sorgen. Das Gericht legt dem Landtag sogar eine Verfassungsänderung nahe.

Das Gericht stellt fest, dass die Schullandschaft in Paderborn nicht dem Bedarf entspricht: „Wegen der weitreichenden Folgen des Verlusts der Eigenschaft als Bekenntnisschule sei es Sache des Schulträgers, im Rahmen seiner Befugnis zur örtlichen Schulplanung notwendige Anpassungen zur Schaffung eines bedarfsgerechten Schulangebots vorzunehmen.“

Auch die Landespolitik wird aufgefordert, tätig zu werden: „Es sei vorrangig eine politische Aufgabe, die noch offenen Fragen zur Bedeutung der Bekenntniszugehörigkeit bei dem Besuch öffentlicher Bekenntnisschulen und der Anpassung an geänderte gesellschaftliche Rahmenbedingungen zu klären. Aus bundesrechtlicher Sicht sei der Landesverfassungsgeber nicht verpflichtet, öffentliche Bekenntnisschulen einzurichten. Er könne auch vorrangig Gemeinschaftsgrundschulen anbieten.“

Presseschau

28.2.2014

Sehenswerter Beitrag: Vertreter von Stadt und Bezirksregierung können die Vorwürfe des Gerichts nicht nachvollziehen, dass sie ihre Schullandschaft nicht an die gesellschaftlichen Bedingungen angepasst haben. Tatsächlich fehlt hierfür die gesetzliche Grundlage.

„…Die nächste „Gemeinschaftsschule“ ist 3,5 Kilometer entfernt. Bülent müsste 55 Minuten vor Schulbeginn den Bus nehmen und dabei auch noch umsteigen. Das wollten die Eltern dem Siebenjährigen nicht zumuten. Seit letztem Sommer fahren sie ihn täglich mit dem Auto in die Schule und holen ihn ab….“

„…Den Einwand, dass in der Schule die katholischen Schüler längst in der Minderheit seien, ließ das Gericht nicht gelten. Die Richter mahnten aber die Stadt Paderborn, für ein bedarfgerechtes Schulangebot zu sorgen, und notfalls eine Schule ohne Elternbefragung umzuwandeln. Mit anderen Worten: Die Schulplaner müssen reagieren, wenn sich die Bevölkerungsstruktur in einer Stadt ändert.“

1.3.2014

„…[Das Gericht] kam dann doch noch zu einer in Teilen überraschenden Pointe: Die Auffassung der Stadt und der Bezirksregierung ihnen seien da die Hände gebunden, teilte das Verwaltungsgericht ausdrücklich nicht. Es sei rechtlich nicht nachvollziehbar, dass nur die Eltern in einem komplizierten Quorums-Verfahren dafür sorgen könnten, dass aus einer Bekenntnisschule eine Gemeinschaftsschule wird.“

 

„Wir brauchen keinen Eisernen Vorhang in den Gemeinden!“

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Mit diesen Worten wandte sich 1955 ein Schulleiter gegen die Pläne, eine Gemeinschaftsgrundschule in eine Bekenntnisschule umzuwandeln. Im Gegenzug warnte die katholische Kirche, Freunden der Gemeinschaftsschule drohe der „Zorn Gottes“. Der Ton hat sich geändert, mittlerweile schätzt die katholische Kirche das göttliche Temperament anders ein und ist bereit, Bekenntnisschulen aufzugeben.

In der Sache erinnert indes vieles noch heute an die Situation vor über 60 Jahren. Im Jahr 2013 führte erst die Klage einer Paderborner Familie gegen die Ablehnung ihres Sohnes an einer städtischen Bekenntnisschule dazu, dass sich der nordrhein-westfälische Landtag endlich der Thematik annimmt und eine konkrete Gesetzesinitiative ankündigt. Die Neue Westfälische Zeitung berichtet am 27.2.2014 über eine Veranstaltung mit der Grünen Landtagsabgeordneten Sigrid Beer. Sie stellt in Aussicht, dass noch vor dem Herbst das Schulgesetz geändert werden soll, um die Umwandlung von Bekenntnisschulen erheblich zu erleichtern. Offenbar soll dieser Weg sogar gegen die Stimmen der CDU eingeschlagen werden, die sich immer noch gegen Änderungen sperrt.

Hauptverfahren zu „Bülent“ vor dem VG Minden

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Am Freitag den 28.02.2014 wird um 12:00 Uhr das Hauptverfahren vor dem Verwaltungsgericht Minden im Falle des muslimischen Paderborner Jungen fortgesetzt, der seit Beginn des aktuellen Schuljahres gezwungen ist, eine über vier Km von seinem Wohnort entfernte Grundschule zu besuchen, obwohl er in unmittelbarer Nähe einer städtischen Grundschule wohnt. Der Schulleiter hatte ihn am Einschulungstag gemeinsam mit seinen Eltern des Schulhofs verwiesen und ein Hausverbot erteilt, nachdem die Eltern der geforderten Teilnahme ihres Sohnes am katholischen Religionsunterricht und an katholischen Gottesdiensten nicht zugestimmt hatten. Weiterlesen