Wie integrativ wirken Bekenntnisgrundschulen in NRW?

Share

Bonn, 17.3.2018 (überarbeitet und ergänzt am 18.3.)

Im Vorlauf der Landtagswahl 2017 hat die AfD als einzige im Landtag vertretene Partei nicht zu unseren Wahlprüfsteinen Stellung genommen. Es ist bislang nicht klar, was die Partei davon hält, dass es staatliche Bekenntnisschulen gibt. Nun hat die Partei offenbar das Thema für sich entdeckt. Ihr schulpolitischer Sprecher Helmut Seifen (er war bis vor kurzem Direktor eines Gymnasiums), hat am 1. März eine Kleine Anfrage mit dem Titel „Bekenntnisschulen in NRW“ an die Landesregierung gestellt, in der er offensichtlich einen Zusammenhang herstellt zwischen der Schulart (Bekenntnisgrundschule oder Gemeinschaftsgrundschule) und dem Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund. Eine Positionierung der Partei gegenüber Bekenntnisschulen wird aber aus der Anfrage bislang nicht ersichtlich.

Seifen hat bereits im Januar eine Kleine Anfrage mit dem Titel „Anteil der Schüler mit Migrationshintergrund“ gestellt. Darin  musste das Schulministerium (in vermutlich sehr mühevoller Kleinarbeit) auflisten, wie Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund auf verschiedene Schulformen (Grundschule, Hauptschule, Gymnasium) aufgeteilt sind. Aus der Antwort geht hervor, dass an einem Drittel aller Grundschulen in NRW mehr als die Hälfte der Kinder einen Migrationshintergrund (=Zuwanderungsgeschichte) haben. Das heißt, dass diese Kinder entweder selbst im Ausland geboren wurden oder mindestens ein Elternteil im Ausland geboren wurde oder dass im Alltag des Elternhauses nicht deutsch gesprochen wird.

An 10% aller Grundschulen haben mehr als 75% der Kinder eine Zuwanderungsgeschichte, an knapp 3% sind es mehr als 90%. Bei Durchsicht der Liste von 260 Schulen mit über 75% Kindern mit Zuwanderungsgeschichte sieht es zunächst so aus, als wären alle Schularten gleichermaßen betroffen. Tatsächlich zeigen sich aber erhebliche Unterschiede zwischen den Schularten: So haben fast 11% aller staatlichen Gemeinschaftsgrundschulen den besagten 75%-Anteil, aber nur 4% der katholischen und 8% aller evangelischen Bekenntnisschulen. Am höchsten ist der Anteil von Migrantenkindern im Durchschnitt an privaten Ersatzschulen: an 25% dieser Schulen haben 75% oder mehr Kinder eine Zuwanderungsgeschichte.

Am Beispiel Bonn lässt sich dies gut veranschaulichen: Von insgesamt 52 Grundschulen der Stadt sind 29 Gemeinschaftsgrundschulen, 19 katholisch, 2 evangelisch, und 2 sind private Ersatzschulen. Auf der 75%-oder-mehr-Liste befinden sich 8 dieser Grundschulen: 6 davon sind Gemeinschaftsgrundschulen, 1 ist eine evangelische Bekenntnisschule und 1 weitere ist die Independent Bonn International School, eine Privatschule.

Die Auflistung des Ministeriums erhärtet also den Hinweis darauf, dass Bekenntnisgrundschulen insgesamt zur Segregation von Schülern mit und ohne Migrationshintergrund beitragen.  Selbstverständlich wollen wir damit nicht die engagierte Arbeit in Frage stellen, die an jeder einzelnen Schule geleistet wird.