Kurze Beine – kurze Wege, 28.10.2015, zuletzt ergänzt und berichtigt am 02.11.2015
An einer katholischen Bekenntnisschule in Niederkassel bei Bonn haben Eltern das Umwandlungsverfahren in eine Gemeinschaftsgrundschule eingeleitet. Sie wünschen sich, dass die Schulart der Zusammensetzung der Schule entspricht. Andere Eltern an dieser Schule wünschen sich, dass die einzige Grundschule im Ortsteil Mondorf eine Bekenntnisschule bleibt und wandten sich an die Lokalpolitik. Örtliche CDU-Vertreter kritisieren in der Folge die Umwandlungsbestrebungen und halten sie für das falsche Signal angesichts der großen Zahl nichtchristlicher Flüchtlinge, die ins Land kommen. Die Schule werde „säkularisiert“ und stelle ihre Werte und Traditionen zur Disposition.
Ein hervorragender Kommentar zu diesem Vorgang findet sich in der Kölner Rundschau. Peter Freitag schreibt unter der Überschrift „Unsinnig und populistisch“:
„…in einer Stadt, in der sich laut städtischer Einwohnerstatistik inzwischen weniger als zwei Drittel der Bürger wenigstens formal zu einer der beiden großen christlichen Kirchen bekennen, lohnt die Frage durchaus, warum immerhin vier von fünf städtischen Grundschulen den Bezug zur Religion im Namen und im pädagogischen Programm tragen.“
Und weiter:
„Da wird kurzerhand Sankt Martin, dem „durch inhaltsleere Sonne, Mond und Sterne-Umzüge“ angeblich die Verbannung in die Bedeutungslosigkeit droht, als Kronzeuge des Werteverlustes bemüht. Das ist unsinnig und ebenso populistisch wie Äußerungen über die „Millionen nichtchristlicher Migranten“, die unsere Heimat „bevölkern“. Wer so argumentiert, erweckt nicht den Eindruck, dass es ihm um eine sachliche Debatte geht, sondern in erster Linie um Wählerstimmen aus den unappetitlichen Regionen des politischen Spektrums.“
Danke für die klaren Worte, Herr Freitag!
Erfreulicherweise hat der (ebenfalls der CDU angehörige) Bürgermeister des Ortes ganz richtig darauf hingewiesen, dass die Entscheidung über die Umwandlung allein bei den Eltern liegt und eben keine politische Frage ist – anders als etwa die Frage, ob es überhaupt staatliche Bekenntnisschulen geben sollte oder ob eine Kommune die Möglichkeit des neuen Schulgesetzes nutzen sollte, ein Umwandlungsverfahren selbst anzustoßen.
Auch in Paderborn stehen Abstimmungen über die Schulart an. Hier sollen die Eltern im Januar an vier der zwölf katholischen Bekenntnisgrundschulen der Stadt darüber abstimmen, ob die Schulen katholisch bleiben oder in Gemeinschaftsschulen umgewandelt werden. Die Stadt Paderborn nutzt hier eine neue Bestimmung des Schulgesetzes, wonach Kommunen das Verfahren zur Umwandlung einleiten können. Die Entscheidung bleibt aber bei den Eltern. An den betroffenen Schulen lag der Anteil der Bekenntniskinder in drei aufeinanderfolgenden Jahren unter 50%. Die Paderborner CDU stimmte diesem Beschluss übrigens geschlossen zu.
- Kölnische Rundschau, 2.11.2015, SPD findet CDU-Mann Marcus Kitz „nicht christlich“
- www.general-anzeiger-bonn.de, 31.10.2015, Streit um Konfessionsschule in Mondorf
- Kölner Stadt-Anzeiger und Kölnische Rundschau, 26.10.2015, Streit um Bestrebungen zur Gemeinschaftsgrundschule
- Kölner Rundschau, 26.10.2015, Kommentar von Peter Freitag: Unsinnig und populistisch
- nw.de (Neue Westfälische), 21.10.2015, Glaubensfrage für Paderborner Eltern
In einer früheren Fassung dieses Artikels hieß es, dass die Umwandlung von der Elterninitiative unter anderem deswegen angestrebt werde, damit die frei werdende Schulleitungsstelle zukünftig nicht mehr bekenntnisgebunden sei. Die Stelle ist allerdings nicht vakant, die Elterninitiative hat dieses Argument daher auch nie angeführt. Wir bedauern, dass wir die Falschinformation ungeprüft aus einem Zeitungsartikel übernommen haben.